London Symphony: Duell der Geiger in Grafenegg

Frank Peter Zimmermann
Frank Peter Zimmermann(c) EPA (Javier Echezarreta)
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Ein Violinvirtuose spielte, der andere dirigierte: Frank Peter Zimmermann gegen Nikolaj Znaider. Endstand: 1:0.

Über die Klasse der beiden besteht kein Zweifel. Nikolaj Znaider und erst recht der 1965 geborene, damit um zehn Jahre ältere Frank Peter Zimmermann zählen zur Weltspitze. Beide spielen zudem Instrumente, auf denen Fritz Kreisler seine Auftritte bestritt: Zimmermann die Stradivari, Znaider die Guarneri. Es wäre aufschlussreich, beide einmal damit gemeinsam zu erleben. Beim Musikfest in Grafenegg traten sie zwar zusammen auf, aber in unterschiedlichen Funktionen.

Znaider betreibt nämlich neben seiner Geigerlaufbahn seit einigen Jahren auch eine Dirigentenkarriere, die ihn zu renommierten Orchestern geführt hat. Seit dem Jahr 2010 wirkt er zudem über Einladung von Valery Gergiev als Erster Gastdirigent des St. Petersburger Marinskij-Theaters.

Wenigstens zur Zeit vermag der Däne als Geiger aber doch mehr zu überzeugen denn mit dem Taktstock, resümiert man nach seinem Grafenegg-Auftritt, für den ursprünglich der mittlerweile verstorbene Sir Colin Davis als Dirigent vorgesehen war. Gewiss hätte das London Symphony Orchestra unter der Leitung seines langjährigen Chefdirigenten nobler geklungen, wären auch nicht so viele Balanceprobleme entstanden. Überdies zeigten sich die Bläser in der Reitschule, wenigstens was das Blech betrifft, nicht gerade von der allerbesten Seite.

Das trifft vornehmlich auf die ziemlich hinbuchstabierte, nie wirklich Spannung oder gar Tiefgang aufkommen lassende Darstellung von Tschaikowskys Vierter Symphonie zu. Znaider agierte nur als Koordinator, nie als eigenständiger Gestalter. Aber auch den Orchesterpart des vorangegangenen Brahms-Violinkonzerts hätte man sich schärfer in den Konturen, plastischer in den Details, harmonischer im Zusammenspiel mit dem Solisten gewünscht. Was überraschte, denn Znaider kennt dieses Werk bestens, aber eben wohl ungleich besser aus der Perspektive des Solisten.

Schade, denn Zimmermann, in Bestform, wartete mit einer Interpretation wie aus einem Guss auf, in jeder Einzelheit zwingend und technisch auf einem Niveau, das selbst den Besten nicht immer zur Verfügung steht. Unbegreiflich, dass er mit diesem Werk nie in Wien zu hören war. dob

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2013)

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