Zur höheren Ehre Joseph Haydns spielt man heuer Beethoven

Joseph Haydns
Joseph Haydns(c) ORF (Felix Breisach)
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Am Donnerstag beginnen die Haydn-Festspiele, welche heuer ihr 25-Jähriges-Jubiläum feiern, mit einem Programm, das den Lehrer und seinen prominenten „Schüler“ ehrt.

Beethoven steht am Beginn! Das hat Methode. Zwar ist nach wie vor Joseph Haydn der Namenspatron des Eisenstädter Spätsommerfestivals. Doch gilt es 2013, das 25-jährige Bestehen zu feiern. Und das tut man am besten, indem man dokumentiert, wohin Haydns genialer musikalischer Aufbruch geführt hat.

Die vom Intendanten Walter Reicher verordnete direkte Konfrontation der Symphonik Beethovens mit den Vorgängerwerken Haydns wird manchem Musikfreund die Ohren öffnen – zumal mit einem wendigen Interpreten wie Adam Fischer ungewöhnliche Programmierungen möglich sind: Im Eröffnungskonzert (am 5. September, 19.30 Uhr) erklingen Beethovens Erste und Vierte, danach Haydns Symphonie „Mit dem Paukenwirbel“.

Die Betonung liegt auf danach.

Da haben uns nun die Konzertveranstalter über die Jahrzehnte hin wissen lassen: Haydn spielt man, wenn überhaupt, prinzipiell vor der Pause. Nun drehen die Burgenländer das um und fassen auch noch einen Beharrungsbeschluss, indem sie dasselbe Spiel mit den Symphonien Nr. 2 und 8 sowie Haydns Nr. 104 am Samstag (7. September) noch einmal spielen. Gemischt, abgehoben – flugs steht Haydn am Ende.

Adam Fischer weiß, was er da tut. Er hat seit der Gründung seiner österreichisch-ungarischen Haydn-Philharmonie – noch in schwierigen Zeiten vor der Wende – etwas getan, was vor ihm noch niemand gewagt hat: Er hat sämtliche Haydn-Symphonien nicht nur für CD aufgenommen, sondern auch aufgeführt. Alle!

Vom spezifischen Gewicht der Symphonie

Im Zuge der Erarbeitung des symphonischen Gesamtwerks des „Erfinders“ der Symphonie kommt man dann drauf, dass zumindest etliche Spätwerke aus der langen Reihe (Hoboken zählte 104 Stücke) vom Hörer als wenigstens so gewichtig empfunden werden können wie die meisten Beiträge des „Vollenders“ der Gattung.

Sehen wir von der „Eroica“, der „Pastorale“ und der Neunten einmal ab, dauern Beethovens Symphonien ja nicht länger als jene Haydns; und treten in der Regel auch nicht weniger „gewichtig“ auf.

Es kommt natürlich darauf an, wie man die Partituren liest. In Zeiten, in denen man Beethoven mit zittrigem Darmsaitenklang beizukommen versucht, spielt man Haydn im völlig falsch verstandenen Originalklangwahn gern in viel zu kleiner Besetzung. Doch kann bei adäquater Beleuchtung der Texturen ein Werk wie die sogenannte „Militärsymphonie“ zur theatralischen Botschaft werden. Wenn Trompetenfanfaren und Janitscharen-Schlagwerk die Andante-Gemütlichkeit des zweiten Satzes brutal zunichtemachen, wirkt das kaum weniger drastisch als der Hereinbruch des Siegesthemas des Finales in die kämpferisch-zerklüftete c-Moll-Welt der Fünften Beethovens. Man muss den Vergleich nur einmal wagen.

Dass Beethovens Erste den Festspielauftakt gibt, hat auch in dieser Hinsicht Charme: Von wem, wenn nicht vom Meister der Paukenschläge und Paukenwirbel, hätte der Komponist den Mut geerbt, ein Stück mit einer Dissonanz, einem Septakkord, noch dazu einen Septakkord der „falschen“ Tonart zu beginnen?

Da mag Beethoven noch so enttäuscht gewesen sein von dem „Unterricht“, den ihm der damals schon alte Mann erteilt hat. Er empfinge da, meinte der Graf Waldstein, „Mozarts Geist aus Haydns Händen“. Das war falsch gedacht. Den wahren Unterricht empfing Beethoven ja aus den Partituren seiner Vorbilder, Mozart und Haydn. Die Anleihen, die er nahm, hat er trefflich zu verwandeln gewusst.

Nicht ohne Grund gab Fürst Esterházy Beethoven den Auftrag, die Namenstagsmesse für die Fürstin zu schreiben, als sein Hofkapellmeister Haydn schon zu gebrechlich war. „Mein lieber Beethoven, was hat er denn da wieder gemacht?“, soll der Fürst nach der Aufführung der C-Dur-Messe konsterniert gefragt haben. In Eisenstadt erklingt heuer bei den Hochämtern in der Bergkirche nebst der Beethoven-Messe (8.) Haydns „Große Orgelsolomesse“ (15. September). Wer weiß, vielleicht hat der Fürst seinen „lieben Haydn“ damals ja dasselbe gefragt . . .

Auf einen Blick

Die „Haydnfestspiele“ in Eisenstadt beginnen morgen, Donnerstag, mit einem Haydn-Beethoven-Programm, musiziert von der Haydn-Philharmonie unter Adam Fischer.

Sämtliche Symphonien Beethovens erklingen in der Folge, jeweils mit Haydn gekoppelt, am 7., 9., 11. und 13. September.

Hochämter mit Beethovens C-Dur-Messe und Haydns Orgelsolomesse werden am 8. und 15. September in der Bergkirche gefeiert.

www.haydnfestival.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2013)

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