Blomstedts Debüt bei den Philharmonikern

(c) EPA (STEPHEN CHERNIN)
  • Drucken

Herbert Blomstedt dirigierte sein erstes philharmonisches Abo-Konzert: Bruckners „Fünfte“.

Manchmal dauert es Jahrzehnte, ehe ein Dirigent und Orchester zusammenkommen. Herbert Blomstedt, international als Gast wie Chefdirigent gefragt, war bereits 84Jahre alt, als er bei der Salzburger Mozartwoche 2011 anstelle des ursprünglich vorgesehenen Nikolaus Harnoncourt erstmals die Wiener Philharmoniker dirigierte. Dass die Chemie stimmte, merkte man bereits bei den Proben, erst recht im Konzert, sodass die Philharmoniker den einstigen Chefdirigenten des San Francisco Symphony Orchestra, der Staatskapelle Dresden und des Gewandhausorchesters Leipzig einluden, mit ihnen eine Schiffsreise zu bestreiten. Am Wochenende leitete Blomstedt sein erstes „Philharmonisches“. Dass er sich Bruckner wünschte, liegt auf der Hand. Seit er als 14-Jähriger dessen „Vierte“ im heimatlichen Göteborg hörte, ist er begeisterter Brucknerianer, was sich in zahlreichen Einspielungen dokumentiert – jüngst in einer viel gerühmten Symphonien-Gesamteinspielung mit dem Gewandhausorchester. Womit für dieses Debüt einiges zu erwarten war.

Ganz wurden die Erwartungen nicht erfüllt. Keine Frage, Blomstedt – er dirigierte auswendig – kennt seinen Bruckner bis ins Detail. Es genügen ihm knappe Gesten, um dem Orchester seinen Willen zu zeigen. Dass die Philharmoniker unter ihm gern musizieren, konnte man nicht nur an ihren Gesichtern ablesen, sondern merkte man auch an ihrer von vorzüglichen Soli begleiteten ansteckenden Spiellaune. Auch wenn sie zuweilen extremen Anforderungen ausgesetzt war, denkt man an die ausführlichen Tempi, die Blomstedt für das sich dann sehr episch dahinziehende Adagio wählte.

Natürlich und unprätentiös

Ein Kontrast zu seiner zwar ebenso weiträumigen, aber auf ungleich mehr Dramatik zielenden Disposition der Ecksätze, die seine Bruckner-Affinität und -Kompetenz diesmal am markantesten zeigte. So natürlich und unprätentiös, genau an den Partiturvorgaben orientiert, hört man das aus seiner Introduction logisch entwickelte Stirnsatz-Allegro wie das sonntags sehr wuchtig ausklingende Allegro moderato nur selten. Einiges von der hier erzielten Spannung hätte dem zu wenig federnden, auch rhythmisch etwas laschen Scherzo gutgetan. (dob)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.