"Jupiter" sollte besser "Apollo" heißen

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Nikolaus Harnoncourt eröffnete mit instruktiven Hinweisen seinen Musikverein-Zyklus mit spätem Mozart.

Auch diesmal, beim ersten Abend seiner vier Doppelkonzerte umfassenden neuen Konzertreihe im Goldenen Saal, konnte Nikolaus Harnoncourt nicht der Versuchung widerstehen, das Programm zu kommentieren. Nur, dass er sich dafür bis nach dem ersten Stück, der „Zauberflöte“-Ouvertüre KV620, Zeit ließ. Was einen besonderen Grund hatte, denn auch der Stirnsatz der Es-Dur-Symphonie KV543 besitzt Ouvertüren-Charakter. Wichtig schien Harnoncourt vor allem, auf den thematischen Zusammenhang der drei letzten Mozart-Symphonien hinzuweisen. Auch wenn dann nur zwei – neben der genannten noch die finale C-Dur-Symphonie KV551 – auf dem Programm standen. Vermutlich hätte eine solche Zusammenstellung den für ein Konzert längst gewohnten zeitlichen Rahmen gesprengt. Wenigstens, wenn man sie so aufführt wie Harnoncourt: mit allen Wiederholungen. Konzertmeister Erich Höbarth musste jene wesentlichen Themen anspielen, die allen drei Symphonien – der in Es-Dur, der in g-Moll und der in C-Dur – gemeinsam sind. Wieso man für die C-Dur-Symphonie die Bezeichnung „Jupiter“ fand, ist beim lasterhaften Lebenswandel dieses Namensträgers für Harnoncourt unverständlich. Er hätte sie lieber nach Apollo genannt.

Klarheit und subtile Akzentuierung

Die Interpretation der „Jupiter“-Symphonie bildete den Höhepunkt des Abends. Weil hier Harnoncourt am eindringlichsten zeigte, was er unter „Klangrede“ versteht: Ein auf Lebendigkeit wie überzeugende Detailmodellierung konzentriertes, auf konzise, auch schroffe Akzente setzendes Musizieren, bei dem nichts beiläufig oder dem Zufall überlassen bleibt. Klarheit, mitunter Schärfe dominieren die Kantabilität, was subtil akzentuierte Phrasen nicht ausschließt, wie der langsame Satz der „Jupiter“-Symphonie bewies.

Mehr kantig als fließend erstand deren Menuett, wie aus einem Guss, auch wenn man sich mehr Durchsichtigkeit gewünscht hatte, das kontrapunktische Finale. Balanceprobleme und Unsicherheiten bei den Bläsern beeinträchtigten auch die Darstellung der ebenfalls in den Ecksätzen überzeugenderen Darstellung der Es-Dur-Symphonie. So rhythmisch konzis das Andante erklang, so sehr überdeckte diese Lesart seinen poetischen Charme. Auch beim Menuett überwogen derbe Züge. Selbstverständlich können Harnoncourt und sein nachtwandlerisch auf ihn eingestimmter Concentus auch anders, wie sie mit ihrem musikantischen Trio inmitten dieses Satzes demonstrierten. Aber schon die meist in verbindlicherem Tonfall präsentierte „Zauberflöte“-Ouvertüre zeichnete er mit seinen Musikern mit radikal-aufregender Konturenschärfe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2013)

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