Wiener Kammeroper: Auf dem Rossini-Spielplatz

(C) Staatsooper Wien
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Die Mezzosopranistin Gaia Petrone brilliert als Titelheldin in einer recht seltsamen Produktion von „La Cenerentola“.

Es hat wohl seinen Reiz, junge Sänger zu erleben, wie sie sich an schwierige Partien wagen. Wer das mag, geht in die Kammeroper. Dort arbeitet sich das Junge Ensemble des Theaters an der Wien am Opernrepertoire ab. Diesmal an Rossinis Aschenputtel-Vertonung „La Cenerentola“. Bereits im Jänner konnte man bei der Neuproduktion in der Staatsoper sehen, dass dieses Werk nicht ganz so leicht zu besetzen ist.

Als ob Rossini nicht andere heitere Werke hinterlassen hätte, hat Wien jetzt eine zweite „Cenerentola“ innerhalb eines Jahres bekommen. Freilich in verzwergter Form: Die Rezitative sind großteils eingespart, ebenso der durchaus relevante Herrenchor. Dafür gibt es einen Mann vom Mond (Alexander Waechter), der als Erzähler durch den Abend geistert, der brav und pointenfrei das Stück erzählend immer wieder den Fluss der Handlung unterbricht. Als ob sich der liebe Onkel aus der Josefstadt in den Volkshochschulkurs „Rossini für Quereinsteiger“ verirrt hätte.

Ähnlich altbackenes Animo verströmt die Inszenierung von Jasmin Solfaghari. Würde nicht auf weitgehend professionellem Niveau gesungen, man könnte fast glauben, einer Opernparodie beizuwohnen. Man begegnet so ziemlich allem, was sich an halblustigen Regieeinfällen vorstellen lässt. Da wird outriert, gehampelt, schmollend über die Bühne gestampft. Am Ende (Achtung, Pointe!) verwandelt der Aschenputtel-Kuss den Prinzen auch noch in einen Froschkönig.

Der stimmliche Lichtblick des Abends heißt Gaia Petrone. Sie singt eine fast makellose Angelina, mit flinken Koloraturen und schön geführtem, schlankem Mezzo. Als ihr Don Ramiro punktet Andrew Owens mit ein paar kraftvoll geschmetterten Höhen. Wogegen Ben Connor mit dem Dandini wenig anzufangen weiß. Der als Don Magnifico und Alidoro doppelt eingesetzte Igor Bakan ließ sich als schwerst indisponiert ansagen. Gan-ya Ben-gur Akselrod und Natalia Kawalek-Plewniak geben artig die bösen Stiefschwestern. Im Graben werkte wenig erbaulich das Wiener Kammerorchester an einer sehr bescheidenen Orchestrierung, Dirigent Konstantin Chudovsky gelang das Kunststück, über zwei Meter Distanz immer wieder den Kontakt zur Bühne zu verlieren.

Ein Abend, der sich vielleicht als Substitutionstherapie für „Cenerentola“-Hardcore-Fans eignet. Die gute Nachricht: Das nächste Rossini-Aschenputtel in Ihrer Umgebung scharrt in den Startlöchern. Cecilia Bartoli tritt zu Pfingsten in Salzburg an. (mus)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2013)

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