Hollywood-Exil und Schubert-Herbst

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Simon Keenlyside beeindruckte mit einem vielfältigen Lied-Programm.

„In den finsteren Zeiten / Wird da auch gesungen werden?“, fragt Brecht in „Spruch 1939“. In Hanns Eislers Vertonung stellte diese Frage Bariton Simon Keenlyside bei seinem jüngsten Liederabend. „Da wird auch gesungen werden. Von den finsteren Zeiten.“ So lautete die Antwort. Simon Keenlyside gab sie mit prägnanter Dramatik zu Beginn eines Eisler gewidmeten Blocks, dem als Einstimmung Schönbergs knappe Demel-Vertonung „Erwartung“ voranging.

Viel „Herbst“ auch im übrigen Programm. Trüb, aber doch mit Hoffnung hat Eisler 1934 in seinem „Hollywood“-Tagebuch, aus dem einige Lieder folgten, sein Emigrantendasein verarbeitet. Aufgeführt wurde es erst posthum und vor allem dank Dietrich Fischer-Dieskau bekannt. Dieser blieb auch danach präsent, Britten hat ihm seine 1965 vertonten „Songs and Proverbs of William Blake“ gewidmet. Ebenfalls alles andere als heitere und leichte Kost. Keenlyside verklammerte alles exzellent in der Aussprache mit seinem kernigen Bariton. Längst hat er sich für die Opernbühne dramatische Partien wie Wozzeck, Macbeth erarbeitet.

Subtilität für Hugo Wolf

Davon profitierte der erste Teil. Dabei geriet die Feinzeichnung etwas unter die Räder. Keenlyside pendelte zu sehr zwischen den Extremen, kontrastierte lautstark ausgesungene Phrasen mit zurückgenommenen Akzenten. Deutlich anders: der Eindruck nach der Pause.

Die Absage des Pianisten Malcolm Martineau brachte statt der angekündigten Strauss-Gruppe Wolf-Lieder. Graham Johnson hieß der Keenlyside-geeichte Einspringer, der sich als stilistisch wandlungsfähiger Partner mit Einfühlung erwies. Bei Wolf und nachfolgend Schubert kehrte Keenlyside seine Lied-Kompetenz heraus und zielte ohne Druck auf subtile Durchdringung von Text und Musik. Drei mit schöner Intensität gegebene Brahms-Lieder standen am Ende des bejubelten Abends. Keenlyside bedankte sich mit Schubert-Perlen dafür. (mus)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2013)

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