Der Meister des Nuevo Flamenco ist tot

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Der spanische Gitarrist Paco de Lucía ist 66-jährig in Mexiko an einem Herzinfarkt gestorben, als er mit seinen Kindern am Strand spielte.

„El duende flamenco“ nannte Paco de Lucía 1972 ein Album – mit einem schwer übersetzbaren Wort: „Duende“, das ist zunächst ein Kobold, ein Puck. Dann aber auch ein magischer Moment, in dem sich, so Federico García Lorca, vier Elemente verbinden: Irrationalität, Erdigkeit, Todesbewusstsein und ein Schuss Diabolik. Für Paco de Lucía war Duende die dunkle Seele, der Dämon des Flamenco, den ein Musiker nur in Momenten höchster Inspiration spürt.

Nach dieser Inspiration suchte er ein Leben lang. Er fand sie oft. Und wenn heute Flamenco nicht nur als Folklore gilt, sondern als lebendige Kunstform, hat er viel dazu beigetragen. Vor allem auch in der Welt des Jazz: Ab 1977 spielte er im – bisweilen als „Super Guitars“ beworbenen – Trio mit den Jazzgitarristen Al Di Meola und John McLaughlin, setzte gern überraschende, oft geradezu verschmitzt anmutende rhythmische Akzente, die auch die mit allen Rockjazz-Wassern gewaschenen Kollegen erstaunten und inspirierten. Das Livealbum „Friday Night in San Francisco“ (1981) steht in jeder gut sortierten Jazzplattensammlung.

Paco de Lucía, geboren als Francisco Sanchez Gomez 1947 in der andalusischen Hafenstadt Algeciras, schaffte den internationalen Durchbruch 1973 mit dem ausgelassenen Stück „Entre do Aguas“. Er bereicherte die Tradition des Flamenco durch die Freiheiten der Jazzimprovisation, rang um unerhörte Harmonien: Nuevo Flamenco nannte man das bald. Er befasste sich auch mit klassischer Gitarrenliteratur, vor allem natürlich mit der spanisch gestimmten. So spielte er das – vielen in der Interpretation von Miles Davis („Sketches of Spain“) bekannte – „Concierto de Aranjuez“ im Beisein des Komponisten Joaquín Rodrigo ein. Er war auch ein beseelter Begleiter vieler andalusischer Sänger; seine Virtuosität am Instrument war ihm stets Mittel, nicht Zweck.

Im November 2014 hätte Paco de Lucía wieder einmal im Wiener Konzerthaus spielen sollen. Nun ist er überraschend gestorben: in Mexiko, an einem Herzinfarkt, als er mit seinen Kindern am Strand spielte. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2014)

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