Philippe Jordans geerdeter Zugang zu Ravel

Philippe Jordan
Philippe Jordan(c) Johannes Ifkovits
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Der neue Symphoniker-Chef, Philippe Jordan, erweist sich als Glücksgriff, wie am Dienstag im Konzerthaus zu erleben war.

Nur eine ganz „kleine“ Zugabe hat Philippe Jordan angekündigt, und deren Umfang sicherheitshalber mit Daumen und Zeigefinger visualisiert. Irgendwie hatte er damit ja auch recht, denn die thematische Substanz der folgenden 15 Minuten Ravel blieb ja überschaubar. Und da man den Bolero halt schon geprobt hatte und abspielen wollte, kam auch dieser Ravel-Abend der Wiener Symphoniker mit ihrem künftigen Chef, Philippe Jordan, nicht ohne das bekannteste Werk des Franzosen aus. „La Valse“ am Ende des regulären Programms wäre auch ein schöner Abschluss gewesen – aber soll sein, zumal dieser Abend über weite Strecken ein wirklich gelungener war.

Wann hat man die Symphoniker seit der Ära Fedosejew so engagiert, elastisch, aber auch klangschön musizieren gehört – mit einem Wort: so gut? Jordans offizieller Start bei den Symphonikern ist erst im Herbst, aber schon seit Jahren hat er immer wieder bei ihnen gastiert, und eines lässt sich jetzt schon sagen: Die Symphoniker haben da einen Goldgriff getan. Philippe Jordan hat nicht nur ganz präzise Vorstellungen vom klanglichen Ergebnis, er weiß auch genau, wie er sein Orchester zielsicher dorthin bringt: Jede Regung, jeder Impuls wird bereitwillig umgesetzt. Und die Präzision der Einsätze – zuletzt waren da öfter Abstriche zu machen – klappt wieder leidlich.

Nicht in die Folklore-Falle getappt

Und Präzision ist vielleicht das Element, das am stärksten dafür ausschlaggebend ist, ob ein Abend mit Werken dieses Komponisten im Erfolg oder im Fiasko endet. Das andere sind Geschmacksfragen. Philippe Jordan zieht einen geradlinigen, geerdeten Zugang zu Ravel vor, setzt auf harte Kontraste und absolute Transparenz und präpariert damit das Moderne an diesem Komponisten heraus. Der einleitenden „Alborada del Gracioso“ tut das ebenso gut wie den „Valses nobles et sentimentales“ – von der Intensität her der Höhepunkt des Abends – oder der Rapsodie espagnole, bei der Jordan gekonnt der Ravel-Verharmlosungs-Folklore-Falle ausweicht. Das Schwerelos-Luftige, in das Ravel-Interpretationen oft gekleidet sind, geht auch fast gar nicht ab – außer bei der berühmten „Pavane pour une infante défunte“, die in Jordans sehr diesseitigem Zugang jegliche Wirkung einbüßte.

Umso stärker die Wirkung, die die famose Solistin Viviane Hagner bei der „Tzigane“-Rhapsodie für Violine und Orchester erzielte. Mit scheinbar größter Leichtigkeit turnt sie durch den aberwitzigen Violinpart, spickt ihn mit betörenden, wie aus der Luft gepflückten Flageoletts und fein ziselierten, bis ins letzte Detail durchhörbaren Läufen. Ein Genuss!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2014)

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