Russische Motive und Höhenflüge im Konzerthaus

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Das Belcea Quartet glänzte mit Webern, Beethoven, Schostakowitsch.

Programme werden auf Monate, wenn nicht auf Jahre voraus geplant. Da kann es nur Zufall sein, wenn das Belcea Quartet im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses just zu einer Zeit, in der die russische Politik auf dem Prüfstand steht, eine russisch dominierte Zusammenstellung bringt. Gewiss, Anton Weberns Langsamer Satz für Streichquartett, mit dem der Abend begann, hat keine russische Note. Er demonstriert vielmehr den Weg des Komponisten von der Spätromantik zur kommenden Dodekaphonie, wie man in dieser betont subtilen Darstellung hören konnte. Auch ein Hinweis des Quartetts in eigener Sache: Es wird sich zu seinem 20-Jahr-Jubiläum im Herbst 2015 vorrangig mit dem Quartettschaffen Weberns befassen.

Auf Anregung des Gesandten

Russisch wurde es erst danach: Beethoven hat sein Opus 59 auf Anregung des russischen Gesandten am Wiener Hof, dem Grafen Andrej Rasumowsky, geschrieben und ihm auch gewidmet, und er hat russische Motive eingearbeitet. Wenn auch in einer sehr individuellen Form. So ließ er sich beim ersten der drei Quartette (in C-Dur) von einem russischen Klagelied inspirieren, das er zum Ausgangspunkt für ein tänzerisch dahinwirbelndes Finale nahm, das die Belceas furios vorgeigten. Packend in den Details und in der großen Linie gelangen auch die übrigen raschen Sätze. Nicht ganz auf diesem Niveau erstand das Adagio molto e mesto, bei dem sich die von der souveränen Corina Belcea angeführten, ebenso makellos phrasierenden Herren Axel Schacher, Krzsztof Chorzelski und Antoine Lederlin zu sehr auf die plastische Ausformung von Einzelheiten konzentrierten, dabei den Blick auf das Ganze etwas vernachlässigten.

Den so mitreißenden wie gedankenvollen Ausklang bildete Schostakowitschs g-Moll-Klavierquintett Opus 57. Was nicht allein am perfekten Spiel der Quartettisten lag, sondern ebenso am (viel zu selten in Wien gastierenden) Piotr Anderszewski. Er schöpfte nicht nur die brillanten Möglichkeiten seines Parts aus, sondern fügte sich ebenso selbstverständlich in das Ensemble, um die anderen zur Geltung kommen zu lassen. Seinen Kollegen Clifford Curzon hat man einst als zum Kammermusiker gesteigerten Solisten bezeichnet. Spätestens mit dieser Schostakowitsch-Interpretation darf man Anderszewski einen seiner legitimen Nachfolger nennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

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