„Fidelio“: Mutige Heldin aus Seattle

WIEN: 'FIDELIO' IN DER VOLKSOPER
WIEN: 'FIDELIO' IN DER VOLKSOPER(c) APA/BARBARA PALFFY/VOLKSOPER
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Marcy Stonikas. Die junge Sopranistin feiert ihre erste europäische Premiere als Leonore in der ersten Neuinszenierung von Beethovens Oper seit 70 Jahren an der Volksoper.

Die Volksoper spielt „Fidelio“. Früher einmal war Beethovens einzige Oper selbstverständlich Bestandteil des Repertoires im kleineren der Wiener Opernhäuser. Spätestens seit der Wiedereingemeindung des Theaters an der Wien träumen Musikfreunde aber davon, über die drei Spielstätten verteilt ein breites Musiktheater-Repertoire verfügbar zu haben. Dennoch bietet das Haus am Gürtel manches, was am Ring ohnehin gespielt wird. Nach 70 Jahren geht an der Volksoper wieder der Vorhang für eine „Fidelio“-Premiere hoch.

Man spielt, wie die Staatsoper, die gewohnte Letztfassung des Werks, die vor genau 200 Jahren im Kärntnertortheater uraufgeführt wurde – allerdings ohne die seit der Zeit Gustav Mahlers übliche „Dritte Leonore“ vor dem Schlussbild. Julia Jones dirigiert, Markus Bothe führt in Dekorationen von Robert Schweer Regie.

Eine Sopranistin, die keine Mühe kennt

Die Titelheldin gibt Marcy Stonikas, eine junge Sopranistin aus den USA, die damit ihre erste große europäische Premiere feiert. In so jungen Jahren schon im heldischen Fach – Stonikas singt auch die Turandot! – scheint der Künstlerin das Normalste von der Welt. Mit der großen Stimme sei sie quasi geboren worden, meint sie, und freut sich, gute Lehrer gehabt zu haben: „Sie haben mir beigebracht, wie ich meine Partien singen kann, ohne dass es der Stimme schadet. Beim Singen hat es sich vorher immer angefühlt, als müsse ich mich durchkämpfen. Jetzt habe ich das Gefühl, ich könnte Leonore oder Turandot zweimal hintereinander singen. Es macht keine Mühe.“

„Musik“, sagt Marcy Stonikas, „war in meinem Leben immer da. Meine Eltern sangen im Chor, sie haben einander dort sogar kennen und lieben gelernt! Die ganze Familie war musikalisch. Ich war glücklich darüber, wollte immer Klavier spielen.“

Das hat sie dann auch getan, „ganz schlecht“, wie sie resümiert. „Dann wollte ich Saxofon spielen, aber der Direktor unserer Musikschule hat gemeint: Nicht noch ein Saxofon, da haben wir schon genug, spiel doch Fagott.“ Also hat Marcy Stonikas Fagott gespielt, „auch ganz schlecht.“

Während dieser Instrumentalstudien hat sie aber immer gesungen, im Chor zunächst – offenbar nicht „ganz schlecht“, denn man entdeckte die Qualität ihres Soprans. Dann ging sie das erste Mal in die Oper: „Da war ich 18 und das war's, was ich wollte“. Auf der Bühne ging sie gleich aufs Ganze: Strauss' Ariadne sang sie in einer Studioaufführung, Puccinis Turandot dann auf der großen Bühne in Seattle. Nach Europa kam Stonikas 2006 das erste Mal im Rahmen eines Stipendien-Aufenthalts, der gleich mit ihrem Österreich-Debüt verbunden war: „Das war in Graz“, sagt sie, „und ich sang in einer Aufführung des ,Rosenkavalier‘-Terzetts die Marschallin.“

Nach Wien kam sie damals nur für ein Wochenende und genießt es jetzt sehr, in dieser Stadt wenigstens für eine kurze Frist leben zu dürfen, „mit meiner Tochter und meiner Mutter in einer kleinen Wohnung ganz in der Nähe der Volksoper.“

Ein Dresdner Ticket nach Wien

Das Engagement hat sie sich übrigens in Dresden ersungen: „Da saß Julia Jones dabei und ein Vertreter der Volksopern-Direktion“, erinnert sie sich. Schon war die mutige Debütantin gefunden. „Es war übrigens das letzte von fünf Vorsingen, die ich damals innerhalb von sieben Tagen absolviert habe, in Kiel, in Leipzig, in Berlin und in Stuttgart.“ Und eben in Dresden: „Das Volksopern-Engagement war den ganzen Trip schon wert“, strahlt sie. An Premierenvorbereitungen liebt sie am meisten jenen Moment, in dem das Orchester dazukommt: „Die Orchester-Instrumente sind ja eigentlich dazu gebaut, wie menschliche Stimmen zu klingen. Das Klavier, mit dem wir am Beginn der Proben arbeiten, ist ja doch ein Schlaginstrument.“

Dass die Proben hierzulande länger dauern als daheim in den USA, freut die Künstlerin: „Wir sind es gewöhnt, vielleicht drei Wochen an einer Neuinszenierung zu arbeiten. Hier haben wir sechs! Da hat man Zeit, eine so komplexe Figur wie die Leonore wirklich zusammenzusetzen.“

Volksoper: Premiere am Sonntag, 25.Mai, 19 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2014)

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