Hören, wie Mahler die „Eroica“ sah

Mahler Karikatur
Mahler Karikatur(c) wikipedia
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Kavakos glänzt mit Szymanowski, Jurowski sucht Beethoven à la Mahler.

„Sein Körper war von Bewegung durchwühlt, und im Halbdunkel machte er den Eindruck eines mystisch arbeitenden Zwergfabelwesens“: So plastisch wurde Gustav Mahler als Dirigent beschrieben. Doch wie klangen seine Aufführungen?

Vor allem aus Mahlers Hamburger Zeit sind Partituren überliefert, die seine kreativen Eingriffe etwa in Beethovens Symphonien zeigen. Da sind die Bläser angesichts eines großen Streicherapparats verdoppelt, verstärken die Hörner oft Linien der Holzbläser – etliche der Retuschen waren bis in das 20.Jh. gang und gäbe. Mahler erlaubt sich auch weitergehende Anpassungen an die Möglichkeiten moderner Instrumente, zusätzliche Stimmen, ins Monumentale zielende Überhöhungen dessen, was er für wesentlich erachtete.

So anfechtbar dies aus philologischen und stilistischen Gründen sein mag, so sehr bietet es faszinierende Einblicke in Mahlers Musikverständnis. Es ist das Verdienst der Wiener Symphoniker und Vladimir Jurowskis, dieser Tage im Wiener Musikverein Mahlers Sicht auf die „Eroica“ neu zur Diskussion gestellt zu haben: mit opulentem Klang und gleißenden Höhepunkten, geänderten Phrasierungen, einer dramatischen Zäsur, zusätzlichen Paukenwirbeln und vielem mehr.

Mahlers Tempo-Mut fehlt

Dennoch fehlte das Entscheidende: der Mut zu stärkeren, den musikalischen Verlauf spiegelnden Tempomodifikationen, für die Mahler berühmt war. Die verblüffend abgesetzten, differenzierten Pizzicati des Finalthemas, eine herrliche Idee, hätten die Richtung weisen können. Doch es blieb weitgehend bei einer relativ nüchtern-zügigen Wiedergabe des veränderten Notentexts.

Dass zuvor auch das Finale von Szymanowskis 2. Violinkonzert nicht recht abheben wollte, lag gleichfalls an einer gewissen Starre Jurowskis. Dabei legte sich Leonidas Kavakos nonchalant virtuos ins Zeug, um mit den schillernden Symphonikern die schwärmerische Schwüle des Fin de Siècle zu beschwören, die in dem Werk von 1932/33 nochmals aufersteht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2014)

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