Pisaroni: Leporello ist eine der besten Opernrollen"

Luca Pisaroni
Luca Pisaroni (c) APA/EPA/HERBERT PFARRHOFER
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Luca Pisaroni singt in der „Don Giovanni“-Premiere der Salzburger Festspiele den Diener des Titelhelden. Der italienische Bassbariton erzählt über seine Liebe zu Mozarts Figuren.

Ich glaube, er liebt Don Giovanni.“ So charakterisiert Luca Pisaroni Leporello, jene Figur, die er heuer auf der Salzburger Festspielbühne verkörpern wird: „Viele fragen mich: Warum bleibt denn Leporello bis zum bitteren Ende an der Seite dieses Wüstlings? Ich denke: Leporello braucht Don Giovanni. Er ist seine Energiequelle. Mozart hat das so unvergleichlich in Töne gesetzt: Ein ganz einfacher Kerl führt dank seines Herrn ein aufregendes Leben!“

Mozart stellt in Luca Pisaronis Opernleben eine Konstante dar, die reiche Erfahrungen bereithält. Im „Figaro“ singt er sowohl den Titelhelden als auch den Grafen. „Figaro habe ich sicher über 100-mal gesungen. Dann hat Huston angefragt, ob ich nicht einmal den Grafen singen würde. Ich war nicht überzeugt, denn Figaro ist natürlich die Traumpartie; also jedenfalls, bis man den Grafen gesungen hat.“

Er mag Bad Guys und deutsche Lieder

Pisaroni lacht: „Es war wirklich so. Als ich das erste Mal Conte Almaviva war, bin ich draufgekommen: Diese Figur ist wesentlich faszinierender, weil sie eine viel weitere seelische Reise absolviert. Der Figaro ist dagegen doch ,too much of a nice guy‘ . . .“

Nebst der Oper pflegt Pisaroni, ganz auf den Spuren seines Schwiegerpapas, Thomas Hampson, sein Faible für das „kleinere Genre“, das Lied. „Wir Italiener“, sagt er, „haben ja keine reiche Liedtradition, unsere Lieder sind qualitativ mit den deutschen nicht zu vergleichen. Mir waren Schubert, Schumann, Mahler immer sehr nahe. Aber man kann sich vorstellen, wie viel Angst ein Italiener hat, wenn er sich diesem heiklen Repertoire nähert!“

Freilich, da gibt es hilfreiche Geister, die nicht nur die Auftritte auf den Konzertpodien erleichtern: „Wolfram Rieger“, sagt Pisaroni über seinen bevorzugten Klavierpartner, „kennt das Repertoire in und auswendig. Und er ist wie ein guter Feuerwehrmann: Ich weiß, ich kann überall runterspringen, er fängt mich auf.“

Abgesehen davon: „Im Brahmssaal des Wiener Musikvereins zum Beispiel kann man das unglaublichste Piano singen und wird doch gehört. In der Oper stellt einen der Regisseur irgendwo hinten hin und der Dirigent fragt: Markierst du? Nein, ich schreie schon!“

Wien ist – nicht zuletzt wegen der kulturellen Atmosphäre – Pisaronis Wahlheimat geworden. Aufgewachsen ist er in Busseto, der Verdi-Stadt in der Provinz Parma, aber „als Sohn von gar nicht musikalischen Eltern“, wie er erzählt. „Meine erste Begegnung mit Oper war die Philipp-Arie aus ,Don Carlo‘, gesungen von Boris Christoff, ich weiß es noch wie heute, es war ein heißer Sommertag, ich war acht und dachte: Das muss es sein! Dann waren wir in der Arena von Verona und sahen ,Aida‘. Da war's um mich geschehen.“

Leidenschaft für Wort und Ton

Was den kleinen Luca an diesen Verdi-Erlebnissen so gefesselt hat, nimmt sich im Erinnerungsbericht aus, als wär's auch bereits eine Vorbereitung auf animierten Liedgesang: „Da war eine Verbindung zwischen der herrlichen Musik und den Worten, die sie offenbar ausdrücken, der Geschichte, die sie erzählen sollte. Ich verstand zwar nichts, aber da war was . . .“

Diese Erkenntnis saß tief. „Meine Freunde gingen in die Disco. Ich wollte in die Oper. Und als dann Carlo Bergonzi eine Meisterklasse in Busseto gab, war ich glücklich. Ich ging noch zur Schule, bin aber nach dem Mittagessen sofort hingelaufen und habe den ganzen Nachmittag zugehört, wie er Stunden gab: Man verstand jedes Wort – und diese Eleganz der Phrasierung!“

Das Vorbild Bergonzi begeisterte Pisaroni zunächst für Tenorarien: „Ich kann die alle heute noch singen; aber nicht mehr in der richtigen Tonhöhe. Nach dem Stimmbruch war klar: Ein Tenor wird nicht aus mir.“ Dann kam die Suche nach einem geeigneten Lehrer. In Mailand war es ganz unmöglich: „Ich sang zwei Seiten eines Rezitativs und dachte: Wenn das so schwer ist, wie kann ich dann je eine Arie singen?“

Der rechte Mann fand sich – in Argentinien. Ein Jahr harte Arbeit, und endlich klang es so „leicht“, wie er sich das vorstellt. Freilich: „Was ich höre, ist nicht das, was das Publikum hört. Ich brauche Menschen, die mir verlässlich sagen, wie sich das im Zuschauerraum anhört.“ In Salzburg wird gerade der neue Leporello kontrolliert . . .

AUFFÜHRUNGEN

Don Giovanni hat am 27. Juli im „Haus für Mozart“, dem ehemaligen „kleinen Festspielhaus“ Premiere.

Regie führt Sven-Eric Bechtolf, am Dirigentenpult steht Christoph Eschenbach.Die Besetzung: Ildebrando d'Arcangelo (Don Giovanni), Luca Pisaroni (Leporello), Lenneke Ruiten (Donna Anna), Anett Fritsch (Elvira) und Valentina Nafornita (Zerlina).

In Wien ist Luca Pisaroni im Herbst als Graf in Mozarts „Figaro“ an der Staatsoper zu erleben (16., 19., 22. und 25. November), im April 2015 dann als Heinrich VIII. in Donizettis „Anna Bolena“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2014)

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