Als wäre die Pauke eine Kalaschnikow

Wladimir Fedosejew
Wladimir Fedosejew (c) ORF
  • Drucken

Tschaikowsky-Symphonieorchester unter Wladimir Fedosejew begeistertewieder bei seinem Gastspiel im Wiener Musikverein.

Von „Ausverkauft“-Überklebern wurde man am Donnerstag vor dem Musikverein begrüßt, auf den Plakaten der ersten zwei Programme des Tschaikowsky-Symphonieorchesters aus Moskau. Ein schönes Willkommen für diesen Traditionsklangkörper, der 1930 als Moskauer Radio-Symphonieorchester gegründet wurde, nach dem Ende der Sowjetunion seinen aktuellen Namen erhielt und beliebter Gast im Musikverein ist. Noch dazu leitet mit dem heurigen Jahr der in Wien so geschätzte Wladimir Fedosejew das Orchester seit 40 Jahren – eine heute seltene und auch hörbare Kontinuität.

Drei Sätze aus Prokofieffs „Romeo und Julia“ gaben zu Beginn eindrucksvoll den Kurs vor. Fedosejew fuhr den Orchesterapparat mächtig hoch, der Montagues und Capulets stahlhart zusammenprallen ließ, holte seine Musiker aber für „Romeo und Julia“ wieder in feinst gesponnene Liebessphären zurück, um bei „Tybalts Tod“ erneut aufzutrumpfen: Herrliches Unisonospiel der Streicher, die seidige Wärme, zugleich kristalline Transparenz verströmen, drall-mächtiges Blech, feines Holz und ein Mann an der Pauke, der die Todesstöße im Kampf der Veroneser Jugend wie Kalaschnikow-Salven abfeuerte.

Eine perfekte Begleitung auch für Elisabeth Leonskaja, die in Prokofieffs genial rotzig hingefrechtem Zweiten Klavierkonzert Virtuosität und Kraft mit begeisternder Musikalität und Spielfreude verschmolz. Als spannungsreiches, mit vielen schönen Details ausgehörtes Finale erklang Dvořáks „Aus der Neuen Welt“, mit weniger slawischer Wärme als klanglichem Hochglanz. Als Teaser und tolle Zugabe machte der letzte Satz aus Prokofieffs „Symphonie Classique“ Lust auf das zweite Programm am Freitag – und auf die Aufführungen von Dvořáks „Stabat Mater“ am Sonntag und Montag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.