Markus Stenz nimmt Mahlers Wünsche ernst

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Eine überzeugende Fünfte Mahlers und Korngolds selten gespieltes Violinkonzert mit Vilde Frang.

Das wäre doch ein spannendes Experiment: Anhand der Interpretation einer Symphonie das Gehörte in Vortrags- oder Tempobezeichnungen zu übersetzen – und zu vergleichen, ob es viel mit dem zu tun hat, was der Komponist notiert hat. Markus Stenz hätte bei seiner Deutung von Mahlers Fünfter bei einem Jeunesse-Konzert im Wiener Konzerthaus mit seinem Netherlands Radio Philharmonic Orchestra eine ziemlich gute Quote. Das machte besonders der oft zügiger genommene Beginn deutlich, in dem Stenz auf beklemmende Weise dem Komponistenwillen („Trauermarsch. In gemessenem Schritt. Streng. Wie ein Kondukt.“) zum Durchbruch verhalf. Für manche Stücke gibt es nur ein „richtiges“ Tempo.

Mühelos spannte Stenz in der Folge einen bezwingenden Spannungsbogen über alle drei „Abteilungen“ dieser vom cis-Moll-Dunkel ans strahlende Licht drängenden Symphonie und kostete im zentralen Scherzo die typisch mahlerische Ambivalenz – die Katastrophe ist bei diesem Komponisten ja immer nur einen Pulsschlag entfernt, die Erlösung aber zum Glück auch – nach Kräften aus. Einige verwackelte Einsätze konnten das überzeugende Gesamtbild kaum trüben.

Völlig ungetrübt zuvor die Darstellung vom selten zu hörenden Violinkonzert Erich Wolfgang Korngolds mit der fabelhaften Solistin Vilde Frang. Mit größter Natürlichkeit – was bei Korngolds Übermaß an Schmalz keine kleine Leistung ist – turnt sie sich völlig makellos und mit entschiedenem Gestaltungswillen durch ihren Solopart. Von ihr wird man in Wien hoffentlich noch viel hören. (hd)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2014)

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