Ein Triumph der Fugen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Pianist Pierre-Laurent Aimard begeisterte mit einem von Bachs "Wohltemperiertem Klavier" bestimmten Programm.

Von einer „schier grenzenlosen Welt“, die er sich erschlossen hat, berichtete der Pianist Pierre-Laurent Aimard der „Presse“ im Sommer über sein aktuelles Abenteuer mit Bachs „Wohltemperiertem Klavier“. In diesen Kosmos ist er eingetaucht und präsentiert Teil eins davon, wie schon bei Salzburgs Festspielen, aktuell in 34 Durchläufen rund um den Globus – begleitet von einer neuen CD.

Es ist natürlich etwas Besonderes, sich auf eine integrale Darbietung aller 24 Präludien und Fugen einzulassen. Wien war diesmal jedoch anders. Bei Aimards Auftritt im Musikverein gab es nur Ausschnitte, jeweils viermal Präludium und Fuge am Beginn und nach der Pause. Ergänzt wurde jedoch stringent mit Werken von Beethoven und Brahms, die beide mit einer Fuge ins Finale gingen.

Wie intensiv Aimard sich das „Wohltemperiertes Klavier“ angeeignet hat, war dennoch beeindruckend zu erleben. Analysierend, aber keineswegs trocken, immer auch gefühlvoll ausgelotet. Klar in der Architektur, dank der stupenden Technik, die er niemals eitel ausstellt, sondern immer in den Dienst der Interpretation stellt. Jedes der Paare als eigenständiges, ganz individuelles Duo interpretiert, in immer neuen Stimmungen, variantenreich im Anschlag, mit dezent pointierten Akzenten. Dabei schimmerte auch Aimards Affinität zur zeitgenössischen Musik durch, etwa wenn er das Präludium in As-Dur, BWV 862, bei aller Durchhörbarkeit der Struktur geradezu klangflächenartig bündelte und verdichtete. Um wenig später in klarer, pikant federnder Vitalität das Präludium Fis-Dur, BWV 858, aufzufächern.

Nicht weniger subtil gelang Beethovens Sonate in As-Dur, op. 110, mit zärtlich kullernden Läufen im ersten Satz und der intensiv gesteigerten Fuge am Ende. Begeisternd durchmaß er die Variationen von Brahms, in denen dieser ein Thema von Händel nach allen erdenklichen Möglichkeiten durchdekliniert und mit einer grandiosen Fuge schließt: Ein Füllhorn an Farben und Stimmungen holte Aimard dafür aus dem Steinway und brachte die Variationenkette mit großer, erneut der Sache verpflichteter Virtuosität zum bejubelten Fugenfinale. (mus)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2014)

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