Robert Herzl, der Mehrsparten-Meister

(c) Michaela Seidler
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Der langjährige Oberspielleiter der Wiener Volksoper und Intendant des Stadttheaters in Baden hat die wienerische Musiktheater-Szene der vergangenen Jahrzehnte wie kaum ein anderer lebendig mitgestaltet.

Er war eine der prägenden Gestalten der Wiener Musiktheater-Szene in den vergangenen Jahrzehnten: 1940 in Graz geboren, hatte er nicht nur am Reinhardt-Seminar das Theaterhandwerk von der Pike auf gelernt, sondern auch seine Stimme ausbilden lassen; nebenher hat er Welthandel studiert. Er war der Doktor Herzl. So nannte man ihn allseits gern.

Da schwang Respekt mit vor der Kompetenz dieses Mannes. Man konnte ihm nichts erzählen, nichts vom „Metier“, aber auch nichts über die Buchführung. Robert Herzl war firm, wenn er auf dem Regisseurs-Stuhl saß, und er konnte auch die Bilanzen lesen, was, wie wir von Giuseppe Verdi wissen, nicht ganz unwesentlich für einen erfolgreichen Theater-Mann ist.

Die Bühnenlaufbahn Robert Herzls begann im tiefen Register: Er sang den Don Alfonso in Mozarts „Così fan tutte“ im Redoutensaal der Wiener Hofburg. Dann ging er ins Engagement nach St.Gallen. Dort pflegte man in jenen Jahren noch einen rechtschaffenen Stadttheater-Betrieb. „Mehrsparten“ hieß der Terminus. Der umfassend vorbereitete Robert Herzl informierte sich dabei noch umfassender über die Dinge des Theaterlebens. Als Schauspieler, als Sänger und bald schon auch als Regisseur.

In dieser Funktion kam er Anfang der Siebzigerjahre an die Wiener Volksoper, diente sich dort vom Regieassistenten zum Abend- und Oberspielleiter hoch, schließlich zum Vizedirektor.

Von Strauß bis Zemlinsky

Die Volksoper war Herzls Haus. Seine künstlerische Bilanz ist enorm: Operette, Musical und Oper – von Johann Strauß bis Alexander Zemlinsky reichte sein inszenatorischer Horizont. Er hat es verstanden, auch schwierige Aufgaben wie Ur- und Erstaufführungen von Werken zeitgenössischer Komponisten zu lösen, und sie dem Publikum schmackhaft zu machen.

Er wusste aber auch das Allerschwierigste zu bewältigen: Wie geht man denn heutzutage mit einem Stück wie dem „Fidelen Bauer“ um? Wie besteht man als Regisseur des ausgehenden 20.Jahrhunderts vor Revue und Klamauk im „Weißen Rössl“? Herzl wusste, wie. Seine Aufführungen hatten Schwung und Dynamik, scheuten auch vor Gefühlsausbrüchen nicht zurück, ohne je ins Rührselige abzugleiten.

Das verschaffte der Volksoper exzellente, aber auch repertoiretaugliche Produktionen, 47 Stück über die Jahre; und man sollte jetzt vielleicht nur dezent daran erinnern, dass Publikum wie Volksopern-Ensemble sich darüber einig waren, dass Robert Herzl ein exzellenter Direktor geworden wäre. Es bleibt beim Konjunktiv. Nicht mehr zur Wiener Kulturpolitik...

So kam Baden noch in Genuss einer guten Herzl-Ära. Ein Stadttheater, an dem wieder mehrere Sparten gepflegt wurden und nebst dankbar angenommenen Operetten-Premieren sogar noch Uraufführungen stattfinden konnten. Er hat's möglich gemacht.

Gestern, Dienstag, ist Robert Herzl nach langer Krankheit im Alter von 74 Jahren gestorben. [ Michaela Seidler ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2014)

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