Wiener Festwochen: Herzog Blaubart, Geister, tote Seelen

PK ´WIENER FESTWOCHEN 2015´: SCHLAG/SCHMIDTKE/HINTERH�USER/WAIS
PK ´WIENER FESTWOCHEN 2015´: SCHLAG/SCHMIDTKE/HINTERH�USER/WAIS(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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39 Produktionen aus 20 Ländern holt Intendant Markus Hinterhäuser 2015 nach Wien. Béla Bartóks Oper wird mit Schumann erweitert, Peter Handke upgedated. Eröffnet wird in Schönbrunn.

Im Vorjahr waren es Herz und Hirn, heuer schmücken ein Labyrinth und Garnknäuel die Plakate und Programmhefte der Wiener Festwochen. Das verzweigte Labyrinth solle einen Rückschluss auf die Situation der Kunst zulassen, sagte Intendant Markus Hinterhäuser bei der Programmpräsentation am Mittwoch. Und fügte mit einem Augenzwinkern sinngemäß hinzu, dass Festwochen-Besucher, denen in der Vorstellung fad wird, ja mit einem Kugelschreiber den Weg aus dem Labyrinth nachzeichnen könnten.

So ein Szenario dürfte der Pianist und Kulturmanager, der 2015 seine zweite und vorletzte Saison bei den Festwochen bestreitet, nicht wirklich fürchten. Die Begeisterung über das Programm stand ihm bei der Präsentation ins Gesicht geschrieben, den Streit mit der ehemaligen Schauspieldirektorin Frie Leysen, die ihre Mitarbeit nach nur einer Saison beendete und in einem offenen Brief mit der Festwochen-Führung abrechnete, umschrieb er als „eine kleine Turbulenz“. Umso mehr freute sich Hinterhäuser, dass Stefan Schmidtke, bisher leitender Dramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus, für eine Saison die Theatersparte übernimmt.

Was das Programm betrifft, versprach Hinterhäuser Neues wie auch Wiederbegegnungen mit alten Bekannten. So wird die Regiemeisterin Andrea Breth ihr erstes Musiktheater in Wien inszenieren: die einaktige Oper „Herzog Blaubarts Burg“ von Béla Bartók, die zuletzt 1985 in Wien gezeigt wurde. In einem zweiten Teil des Abends werden Robert Schumanns „Geistervariationen“ aufgeführt, die die Geschichte von Herzog Blaubart und seiner Verehrerin Judith „im vollkommenen Perspektivenwechsel weitererzählen“, so Hinterhäuser. Der Doppelabend habe sich in langen, inspirierenden Gesprächen mit Breth entwickelt, erzählt er: „Solche Ideen entstehen nicht am Schreibtisch.“

Im Programm sind weiters der heitere Operncomic „Ohne Titel Nr. 1“ von Herbert Fritsch, importiert von der Berliner Volksbühne, und Salvatore Sciarrinos „Die tödliche Blume“, neu inszeniert von Achim Freyer. Dem polnischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg ist eine Hommage gewidmet.

Peter Handke lässt sich überraschen

„Das Theater ist ganz eigenartig geworden“, sagt Schauspieldirektor Schmidtke zum Anspruch der Festwochen, ein „genreübergreifendes Unternehmen“ zu sein. „Wir versuchen, eine Vielfalt zu vereinen, die sich in den Zeitungen ganz gegensätzlich darstellt.“ Als genreübergreifendes Unternehmen könnte man auch das Künstlerduo Tiit Ojasoo und Ene-Liis Semper aus Estland bezeichnen. Der Regisseur und die bildende Künstlerin gastierten schon mehrfach bei den Festwochen, in der kommenden Ausgabe inszenieren sie Peter Handkes „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“. Da sich seit der Uraufführung 1992 die politischen und sozialen Gegebenheiten geändert haben, fragten sie Handke in einem Brief um Erlaubnis, das Stück in die heutige Zeit zu versetzen. Er habe es gestattet, mit den Worten: „Bitte versuchen Sie nicht, meine Erwartungen zu erfüllen.“ „Ich schätze, Handke will sich überraschen lassen“, so Semper.

„Eigenwillig“ sei das Stück „Tote Seelen“ nach dem Roman von Nikolai Gogol. Ein reines Männerensemble leitet durch ein Labyrinth von Finanzjongleuren, zu den lyrischen Abschweifungen Gogols hat Alexander Manotskow eigens Lieder komponiert. Ein einmaliges Europa-Gastspiel gibt das New Yorker Public Theater mit „The Apple Family Plays“: Richard Nelsons Zyklus aus vier Stücken wurde in den USA hochgelobt, Schmidtke verspricht ein „intimes Beisammensein“.

Eröffnet werden die Festwochen heuer nicht wie gewohnt auf dem Wiener Rathausplatz – der gehört diesmal dem Songcontest. Den Auftakt bildet daher das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker am 14. Mai vor dem Schloss Schönbrunn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2014)

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