Schumann auf Energydrink

Steinway
Steinway(c) Clemens Fabry - Die Presse
  • Drucken

Ein gehetztes Klavierkonzert mit Lars Vogt am Flügel. Das RSO Wien punktete mit der fünften Symphonie Martinůs.

Überbordender melodischer Reichtum, verschwenderische Impulsivität, eine fesselnde, aber nie in den Selbstzweck verirrte Virtuosität – man könnte Robert Schumanns einziges Klavierkonzert glatt für einen Selbstläufer halten. Ein Irrtum, wie sich am Mittwoch im Wiener Konzerthaus zeigte. Vom Selbstläufer blieb nur der Läufer übrig, der hieß Lars Vogt und saß am Flügel. Und über weite Strecken wirkte sein Spiel, als hätte er mehrere Dosen eines Getränks konsumiert, das angeblich eben diese verleiht. Überhastet, als wollte er sich selbst überholen, stürzte Vogt nicht nur durch das abschließende Allegro Vivace, sondern auch durch die raschen Passagen des Kopfsatzes, und das oft in einem kraftstrotzenden Fortissimo, was in Kombination mit dem gehetzten Gestus bewirkte, dass im Publikum ein wenig differenziertes klangliches Amalgam ankam. Cornelius Meister am Pult des RSO Wien blieb wenig anderes übrig, als da mitzuhalten. Insofern zog man dann zwar grundsätzlich am selben Strang, wenn auch oft in unterschiedliche Richtungen. Da wirkte vieles einfach nicht ausreichend geprobt, die „untrennbare Verbindung von Solo und Orchester“ war nur im Programmheft nachzulesen. Dabei zeigte Vogt in den zarten, lyrischen Passagen, über die dieses Schumann-Konzert ja auch verfügt, was für ein subtiler Gestalter er sein kann, wie delikat er fein ziselierte Linien modellieren kann. Das entschädigte für manches, aber nicht für alles.

Entschädigt hat jedenfalls auch die Holzbläser-Sektion des RSO, die schon bei Schumann für wunderbare Phrasierungen gesorgt hatte, und auch bei der abschließenden fünften Symphonie von Bohuslav Martinů für erquickende Momente sorgte. Bei dem rhythmisch spannenden Stück (wie auch schon beim eingangs gegebenen zweiten Teil aus Wolfgang Rihms „Nähe fern“-Reihe) zeigte sich das Orchester unter seinem Chefdirigenten ganz so, wie man es gewöhnt ist: präzise, gewitzt, elastisch, mit treffenden Farbschattierungen. Genau das hätte sich auch Schumanns Klavierkonzert verdient gehabt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.