Musikverein: Der andere Jansons

Mariss Jansons
Mariss JansonsAPA
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Das Concertgebouw-Orchester kann mit jedem Repertoire begeistern: Das zeigte es am zweiten Abend in Wien.

Noch einmal tourt Mariss Jansons als Chefdirigent mit seinen Amsterdamer Musikern, zeigt, was er seit 2004 mit ihnen erreicht hat. Es war immer schon eines der bedeutenden europäischen Orchester, doch der charismatische Lette hat das Königliche Concertgebouw-Orchester an die Weltspitze geführt. Gelte es, Medaillen zu vergeben, wäre es stets in den Medaillenrängen. Einzig die Tagesverfassung gäbe den Ausschlag, auf welchem Platz. An dem Umfang des Repertoires würde es nie scheitern, das zeigte das zweitägige Gastspiel im Wiener Musikverein, einem Ambiente, das Jansons besonders liebt.

Orchestersuite von Massenet

Am Mittwoch hatte er eine Strauss-Suite einer Mahler-Symphonie gegenübergestellt, am Donnerstag zeigte er, wie virtuos sich sein Orchester auch in Gefilden bewegt, die man mit ihm kaum oder gar nicht verbindet. Oder kann man sich daran erinnern, diese exzellenten, stets höchste Homogenität und Transparenz bietenden Musiker mit einer Orchestersuite von Jules Massenet gehört zu haben? Als Meisterwerk will man diese „Scènes napolitaines“ betitelte fünfte Orchestersuite nicht unbedingt bezeichnen. Aber was Jansons an Stimmungen und Farben, an dynamischen Schattierungen, an rhythmischen Pointen herausgeholt hat, war meisterlich, ja: weltmeisterlich. Das gilt erst recht für seine höchst eloquente Darstellung einer von ihm selbst aus den beiden Suiten zusammengestellten eigenen Suite aus Manuel de Fallas „Der Dreispitz“, die fulminant in die Pause führte.

Dass es trotz einer solch ungewöhnlichen Stückwahl ein außerordentlicher Abend werden würde, zeigte schon die differenzierte Interpretation von Debussys „Ibéria“, dem hierzulande nicht allzu oft aufgeführten Mittelstück aus „Trois Images“. Besser geht es nicht. Natürlich ließ sich Jansons – nicht erst beim Finalstück, Respighis allemal wirkungssicheren „Pini di Roma“ – den Effekt nicht entgehen. Nur ist er bei ihm nie Selbstzweck, sondern in das Ganze eingebunden, wirkt nie aufgesetzt oder überstrahlt – wie nicht selten bei solchen Werken – deren Grundidee. Solcherart erstrahlt auch ein Ohrwurm wie das zugegebene Intermezzo aus Mascagnis „Cavalleria rusticana“ in neuem, faszinierendem Glanz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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