Ein Hexensabbat zur Krönung der Pariser Klangkultur

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Jubel im Wiener Musikverein für das Orchestre Philharmonique de Radio France unter Myung-Whun Chungs.

Nach dem atemberaubend inszenierten Hexenritt des Finalsatzes von Hector Berlioz' „Fantastischer Symphonie“ war der Jubel nicht mehr zu bremsen: Gewiss, dieses Stück verfehlt seine Wirkung nie. Doch hatte die Philharmonie des französischen Rundfunks an diesem Musikvereins-Abend bewiesen, dass sie sämtliche Klangbilder dieses pittoresken Werks hingebungsvoll und in perfekter Klangkultur realisieren kann.

Unter Myung-Whun Chungs ruhig besonnener, doch offenbar höchst animierender Stabführung demonstrierte man, was Pariser Orchesterkultur bedeutet: höchste Harmonie satt-dunkler Tönung in den Bläsern, ein zu weichen Legati fähiger Streicherklang. Schärfen und Kanten leistet man sich nur, wenn sie – wie in besagtem Hexensabbat – vom Komponisten ausdrücklich gewünscht sind.
Ein Satz wie der in Walzerform komponierte „Ball“ scheint bei solcher Behandlung über Harfenarpeggien geradezu schwerelos zu schweben.

Dass Chung auch ein sensibler Begleiter ist, hat man an der Staatsoper bei Verdi bereits schätzen gelernt. Wer mit Tenören umzugehen weiß, den können auch eigenwillige Geiger nicht aus der Fassung bringen. Für Maxim Vengerov entpuppte sich diese Tugend als Segen: Er konnte sich in den heiklen Partien von Tschaikowskys Violinkonzert recht frei bewegen (und sich den Pianissimi in zärtlichster Aufmerksamkeit zuwenden). Das Orchester trug die Soli auf Händen und fand überdies die Balance der ständig fluktuierenden Tempi scheinbar schlafwandlerisch – ein souveräner Kapellmeister wirkt manchmal Wunder . . . (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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