Konzerthaus: Wiener Klassik im besten Sinne

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„Symphonie Classique“: Heinrich Schiff, Elisabeth Leonskaja und das Wiener Kammerorchester spielten Beethoven und Schubert.

Schade, dass die Intensität nicht bis zum Schluss anhielt. Aber das tat der besonderen Qualität dieses Abends im „Symphonie Classique“-Zyklus der Wiener Konzerthausgesellschaft kaum Abbruch. Anspruchsvoll und wegen der Bekanntheit der Werke heikel präsentierte sich das Programm: Beethovens „Egmont“-Ouvertüre, Schuberts „Unvollendete“ und Beethovens fünftes Klavierkonzert. Schon beim einleitenden Beethoven brachte Heinrich Schiff – der längst den Geigenbogen gegen den Taktstock getauscht hat, zudem seine jahrzehntelange Erfahrung als Solist als Lehrer weitergibt – eine ideal disponierte, dem natürlich phrasierten Detail wie der sprichwörtlich großen Linie verpflichtete Deutung. Völlig unprätentiös listete er das melodische Lineament auf, ließ die Spannung ganz selbstverständlich aus der Musik herauswachsen. Da bedurfte es keiner zusätzlichen Akzente, keiner exzessiven Temporückungen, gar billiger Effekthascherei, um den narrativen Gehalt dieser markanten f-Moll-Ouvertüre deutlich zu machen. Schiff ließ einfach die Musik für sich wirken, schaffte damit eine wie von selbst erstehende Dramatik.

Ganz mit dieser Lockerheit und Eindringlichkeit widmete er sich an der Spitze des sich unter seiner Führung hörbar wohlfühlenden, deutlich über seine sonstigen Grenzen hinausgehenden Wiener Kammerorchesters anschließend Schuberts h-Moll-Symphonie. Bei einer solchen in sich geschlossenen, dem Melos den Primat einräumenden Interpretation, die zudem die Erkenntnisse der Originalklangbewegung mit einschließt, ohne dies übertrieben deutlich zur Schau zu stellen, tritt erst gar nicht die bei dieser Symphonie immer wieder gern gestellte Frage auf, ob es sich um absolute oder um eine von einer Schubert-Erzählung inspirierte Programmmusik handelt. Schiffs Antwort war deutlich: um große, innerlich unmittelbar ergreifende Musik.

Perfekt: Elisabeth Leonskaja

Glänzend auch die Zusammenarbeit bei Beethovens Es-Dur-Klavierkonzert, selbst wenn im Finale der ursprüngliche Schwung etwas nachließ. Elisabeth Leonskaja, die sich hier nicht bessere, ihren Intentionen subtiler und nachdrücklicher folgende Partner hätte wünschen können, wartete mit einer in jeder Hinsicht perfekten, dynamisch höchst differenzierten, zwischen virtuoser Geste und lyrischer Intimität glänzend vermittelnden meisterhaften Interpretation auf. Unverständlich, warum auch sie so selten auf Wiener Konzertpodien anzutreffen ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2015)

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