Theater an der Wien: Ein Sieg für Amor

(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Konzertant: „Zaïs“ eine besondere Rarität von Jean-Philippe Rameau,
dirigiert von Christophe Rousset.

„On danse“ – „Es wird getanzt“, ist die wohl auffälligste Anweisung im Libretto zu Jean-Philippe Rameaus „Zaïs“, einer 1748 uraufgeführten „Pastorale héorique in einem Prolog und vier Akten“. Ihren besonderen Reiz machen die orchestralen Stellen, die originelle Ouvertüre, die Zwischenmusiken und die vielen eingewirkten Tänze fürs Ballett bis hin zum abschließenden „allgemeinen Kontertanz“ aus. Dazwischen erfreuen ein paar hübsche Chöre, der koloraturgezierte Gesang eines Sylphen, während sich die handelnden Hauptpersonen – ganz französisch und im Gegensatz zu den auf virtuosen Gesang setzenden Italienern – vor allem in raffiniertem rezitativischem Dialoggesang mit ariosen Einsprengseln finden.

Seelenvolle Schäferin: Sandrine Piau

Dieses höfische Vergnügen wurde im Theater an der Wien in hochwertiger Besetzung serviert: Im Graben wirkten Christophe Rousset und seine Originalklang-Instrumentalisten von Les Talens Lyriques stilistisch firm, mit schönster Noblesse und Qualität. Ihre „Zaïs“-Version soll im September auf CD veröffentlicht werden. Nachdem eine Gesamtaufnahme von 1975 unter Gustav Leonhardt offenbar vergriffen ist, findet man derzeit auf Tonträger nur die Instrumentalpassagen, etwa in der wunderbaren Einspielung durch Michi Gaigg und ihr L'Orfeo Baroque Orchestra, die auch deutlich macht, dass trotz allem Raffinement bei Rousset in Sachen Impetus und plastischer Akzentuierung noch etwas Luft nach oben gewesen wäre.

Dennoch freute man sich, mit wie viel Seele und graziler Stimmausdruckskunst Sandrine Piau ihren makellos blühenden Sopran dem kunstvoll ziselierten Gesang der Schäferin Zélidie lieh, deren Liebe und Standhaftigkeit vom sie liebenden, als Schäfer verkleideten Luftgeist Zaïs geprüft wird. In dessen Gestalt schlüpfte Julian Prégardien: Womöglich nicht in Bestform, konnte er in der sehr hoch liegenden Partie die lyrischen Qualitäten seines Tenors nicht vollends ausspielen. Der zart-wendige Sopran von Amel Brahim-Djelloul, die Baritone Aimery Lefèvre und Benoît Arnould sowie Zachary Wilder mit seinem bis in höchste Lagen beweglichen Tenor gaben die weiteren Rollen exzellent. Mit seiner homogenen Rameau-Versiertheit begeisterte auch der Chœur de chambre de Namur, womit einem Sieg von Amor auf allen Linien nichts im Wege stand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

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