Hampson und Rieger: Paarlauf der Extraklasse

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Der Bariton und sein Klavierpartner begeistern mit Strauss und Mahler nebst Ives, Hindemith und Zemlinsky.

Was haben Richard-Strauss-Liederabende und Nachrichtensendungen gemeinsam? Am Ende kommt oft der Wetterbericht: Auch Thomas Hampson und Wolfram Rieger ließen es sich nicht nehmen, ihrem Strauss-dominierten, mit reichlich Mahler, etwas Ives und ein wenig Zemlinsky und Hindemith gewürzten Programm am Sonntag im Wiener Musikverein als dritte Zugabe das Lied „Morgen“ folgen zu lassen, das mit den Worten „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“ anhebt, und mit der Zeile „auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen“ endet. Nach Schweigen war dem Publikum zum Glück nicht zumute, der Jubel für die Künstler, die seit vielen Jahren so perfekt harmonieren, war so groß wie einhellig.

Hampson war in blendender stimmlicher Verfassung, das wurde spätestens mit der an zweiter Stelle gegebenen „Heimlichen Aufforderung“ deutlich. Sein Luxusbariton ist in jeder Hinsicht von großer Wendigkeit, sei es in der Dynamik, wo er ohne Reibungsverluste ansatzlos aufzublenden vermag, sei es bei der reich schattierten Farbgebung. So wurde jedes Strauss-Lied zum vielgestaltigen, gleichwohl in sich stimmigen Schmuckstein geschliffen.

Der Irrwitz des Krieges

Der emotionale Höhepunkt war allerdings in beiden Konzerthälften Mahler vorbehalten. Hampson scheint, je länger er sich mit diesem Komponisten beschäftigt, immer direkter, radikaler, kompromissloser zu werden. Das oft gesungene „Revelge“ aus „Des Knaben Wunderhorn“ wurde so zum erschütternden Klangmanifest gegen den Krieg, woran gerade auch Wolfram Rieger am Flügel seinen erklecklichen Anteil hatte: Von Strophe zu Strophe ließ er den Irrwitz des Krieges plastischer hervortreten, in Parallelsteigerung zu Hampsons immer krasserer Einfärbung des „Trallali, trallaley, trallalera“.

Wer dachte, das sei kaum zu überbieten, wurde im zweiten Teil eines Besseren belehrt: Ohne Rücksicht auf seine Stimme legte Hampson, bevor er in berührender Schlichtheit „der Welt abhanden“ kam, bei „Um Mitternacht“ eine Steigerung hin, wie sie künstlerisch freilich nicht anders vertretbar ist. Es geht bei diesem Lied um alles, und weniger als das verlangte sich Hampson nicht ab. Rieger wiederum ließ durch seine klangliche Differenzierungskunst fast die Farben der Orchesterfassung vergessen. Ein künstlerischer Paarlauf der Extraklasse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2015)

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