Julia Fischers natürliche Autorität

Die deutsche Geigerin Julia Fischer
Die deutsche Geigerin Julia FischerAPA/ROLAND SCHLAGER
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Die deutsche Geigerin gastierte mit einem fulminanten Brahms-Konzert am Mittwoch im Wiener Musikverein. Bei Beethovens Eroica mit den Petersburger Philharmonikern waren die Streicher stark überdimensioniert.

Julia Fischer braucht noch keinen Ton auf ihrer herrlichen Geige zu spielen, da nimmt sie das Publikum schon für sich ein: Sie strahlt förmlich aus reiner Vorfreude, da ist kein Hauch von Anspannung vor dem gewaltigen Brahms-Konzert, immerhin eines der anspruchsvollsten für dieses Instrument. Und genauso musiziert sie dann auch. Wann hat man den Solopart dieses Konzert zuletzt mit einer so unbändigen Spielfreude erlebt?

Wenn man wie Fischer so souverän über den immensen technischen Anforderungen dieses Werks steht (die Läufe fließen ihr völlig mühelos aus den Fingern, jede noch so vertrackte Doppelgriff-Kombination sitzt, als wäre es ein Kinderspiel), kann man eben ganz befreit aufspielen. Fischer strahlt dabei eine natürliche Autorität aus, die sich nicht nur den Zuhörern mitteilt, sondern die auch auf ihre Mitstreiter überspringt: An diesem Abend im Wiener Musikverein sind das die St. Petersburger Philharmoniker unter ihrem bald drei Jahrzehnte amtierenden Chef Juri Temirkanow. Der nimmt sich nobel zurück und sorgt so umsichtig wie unauffällig vor allem dafür, dass die Solistin (die ihm mit ihrem ersten Ton bereits die Führung abgenommen hat) so recht glänzen kann. Indem er das Orchester wo nötig an den Rand der Hörbarkeit herunterdimmt, gibt er Fischer die Möglichkeit, es auch noch mit zartesten Piano-Passagen leicht zu überstrahlen.

Zehn Bässe, das muss wirklich nicht sein

Dass der Orchesterpart des Brahms-Konzerts mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten würde, dass der Dialog beredter hätte sein können, dass ging über weite Strecken gar nicht ab – an einer Schlüsselstelle allerdings schon: Das Oboen-Solo zu Beginn des zweiten Satzes geriet etwas gar schlicht phrasiert und ließ den Zauber, der dieser Melodie innewohnt, bestenfalls erahnen.

Immerhin hat man es gehört. Denn als nach der Pause Beethovens Eroica gegeben wurde, hatten die Bläser, und zwar nicht nur die aus der Sektion Holz, über weite Strecken vor allem dekorative Bedeutung. 18 (!) erste Violinen, 10 (!!) Kontrabässe, das muss bei Beethoven wirklich nicht sein. Konsequenterweise müsste man dann auch die Bläsersolisten verdoppeln, was freilich erst recht absurd wäre. Mag ja sein, dass der Beginn des zweiten Satzes erst so richtig gespenstisch klingt, wenn zehn Bässe grummeln, aber wenn bei Beethoven mehr Personal auf der Bühne ist als bei Brahms, und man sich Teile der Bläserstimmen aus dem Kopf oder der Partitur ergänzen darf, dann ist das problematisch.

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