Michael Schades Pfingstfestival stellt Weichen

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Ein reichhaltiges Programm zum Thema „Reise“ präsentierte auch den erneuerten Concentus musicus.

Wer sich fragt, wie der Concentus musicus einmal ohne seinen Gründervater, Nikolaus Harnoncourt, bestehen könnte, bekam die Antwort beim Barockfestival in Stift Melk geliefert. Zweimal gastierte die Musikergemeinschaft, einmal mit vertrautem Repertoire: Unter Erwin Ortner begleitete man den Arnold Schoenberg Chor bei Händels „Israel in Ägypten“, davor, am Pfingstsonntag, musizierte eine kammermusikalische Formation Werke des österreichischen Hochbarock von Johann Joseph Fix bis Heinrich Schmelzer.

Unter der Führung von Primarius Erich Höbarth schürften die Mitglieder des Concentus bis an die Wurzeln des Ensembles. Höbarth erwies sich bei dieser Gelegenheit nicht nur als besonnener Primus inter Pares, sondern auch als charmanter Präsentator. Er weiß sogar von den allerersten Jahren des Concentus musicus zu berichten. Er hat sie als Sohn eines Gründungsmitglieds im Kindesalter quasi aus dem Nebenzimmer beobachten dürfen.

Längst überträgt der Geiger mit seinem Quatuor Mosaïques die Harnoncourt'schen Erkenntnisse in Sachen Originalklang ins Kammermusikalische; nun führt er auch den Concentus in der ursprünglichen, kleinen Besetzung. Anfang der Sechzigerjahre erschien eine Schallplatte mit österreichischem Barockrepertoire; Höbarth brachte sie als Anschauungsobjekt in den Kolomanisaal.

Österreichische Entdeckungen

Solchen Aufnahmetaten zum Trotz scheint dieses Repertoire im Konzertleben nach wie vor sträflich unterbelichtet. Auch Musikfreunde, die viel von Bach oder Vivaldi wissen, kennen die Musik der österreichischen Vorgänger dieser Größen kaum.

Ein Festival wie jenes – heuer zum zweiten Mal von Michael Schade vielseitig, bunt und dramaturgisch raffiniert geplant – im prächtigen Rahmen des Melker Stifts kann ideal dazu beitragen, dass sich das mit der Zeit ändert. Jedenfalls applaudierte das Publikum begeistert den schwungvoll animierten Darbietungen, deren Spannweite von der pittoresken klangmalerischen Schilderung einer Fechtszene bis zur bewegenden (und zuletzt mit „himmlischen“ Durklängen Trost spendenden) Trauermusik für Kaiser Ferdinand III. reichte. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2015)

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