Friedrich Cerha: Musik bar jeder Geschwätzigkeit

Friedrich Cerha
Friedrich Cerha(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im Musikverein: Neues aus der Werkstatt des Doyens unter den österreichischen Komponisten.

Friedrich Cerha muss niemandem mehr etwas beweisen. Seit Altersstil ruht in sich, hat aber nichts an Treffsicherheit verloren. Im Gläsernen Saal des Musikvereins gab es nun mit Kammermusik und klein besetzten Vokalwerken aus jüngerer Zeit erhellende Einblicke in die Werkstatt des 89-jährigen, aber gar nicht müden Meisters. Eine echte Novität stand gleich am Beginn: die quecksilbrige „Phantasie für Klarinette und Klavier“ (2012). Bizarre humoristische Grimassen blitzten da immer wieder aus allerlei kantablem Rankenwerk hervor: Andreas Schablas und Janna Polyzoides stellten diese Kapriolen mit flexiblem Ton und enormer Wendigkeit dar. Mit Erich Oskar Huetter am Cello ließen sie auch die beziehungsreichen „Fünf Stücke“ (2000) wie ein Kaleidoskop schillern, die sich rund um ein Notturno dramatischen Zuschnitts gruppieren. Nicht minder präzise und hingebungsvoll spielten Walter Würdinger (Mandoline) und Alexander Swete (Gitarre), die in einer 2014 entstandenen Reihe von Charakterstücken auf nachdenkliche, vergnügliche, zuletzt gar schmissige Weise ihre Zupftöne auf die musikalische Goldwaage legten.

Selten nur erlaubt sich Cerha in seinen Gesangswerken die Wiederholung einer Verszeile – und wenn er es tut, dann nicht, um sich stärker im Gefühl zu suhlen, im Gegenteil: Stattdessen kalmieren sich die Wogen an solchen Stellen gewöhnlich, tritt der Komponist nachdenklich einen Schritt zurück. So in drei Liedern nach Tamar Radzyner, deren eher unpoetische Sprache er gnädig überhöht. Vom Text her stärker ist der Zyklus „Auf der Suche nach meinem Gesicht“ (2006/07) nach Gedichten Emil Breisachs: herbstliche Elegien, in denen Sopran und Bariton von einem eigentümlich sinister besetzten Quintett eingefasst werden. Aber Flöte (von Alt bis Piccolo), Bassklarinette, die mit Dämpfern bestückte Posaune, Viola und Kontrabass mischen sich in wechselnden Kombinationen zu erstaunlichen Farben, lautmalerischen Assoziationen und düsteren Kommentaren zum Gesang Ildikó Raimondis und Matthias Winckhlers. Herzliche Begeisterung für „die reihe“ unter Christian Muthspiel, die Solisten und Cerha selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

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