Staatsoper: Don Giovanni als Kraftlackel

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THEMENBILD: STADTPORTR�T WIEN - WIENER STAATSOPER(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Unter Cornelius Meister ist ein braves Ensemble am Werk.

„Ja, wenn er fortgenommen, wenn sein Name ausgetilgt würde, so würde der einzige Pfeiler umgestoßen, der es bisher verhindert hat, dass alles für mich zusammenstürzte in einem grenzenlosen Chaos.“ So schwärmerisch klammerte sich der Philosoph Søren Kierkegaard (in „Entweder-Oder“) an Mozart. Selbstverständlich ist dessen Werk eine tragende Säule auch des Staatsopern-Repertoires – und tatsächlich begann wohl mit dem Misserfolg der Da-Ponte-Trilogie in der Neudeutung durch Franz Welser-Möst und Jean-Louis Martinoty der Einsturz der Brücke zwischen Direktor Meyer und dem mittlerweile Ex-Generalmusikdirektor.

Und wie steht es um die Pflege seiner Werke im Repertoire? Die letzte Mozart-Serie der Saison gilt „Don Giovanni“, und Meyer schickt vor allem Ensemblemitglieder ins Rennen. So recht geht sein Plan freilich nicht auf, das Ganze zu mehr als der Summe seiner Teile zu machen. Bei allen schön modellierten Orchesterdetails, fein gelungenen Phrasen und dezent ausgezierten Arienreprisen hört man nämlich trotzdem, wie schwierig Mozart eigentlich ist. Cornelius Meister tänzelt elegant am Pult und nimmt dynamisch Rücksicht, findet aber nicht durchwegs zu jenen Tempi, mit denen er den Sängern optimal unter die Arme greifen könnte. Und in den Rezitativen bleiben etliche Pointen und Nuancen unentdeckt...

Düstere Inszenierung

Adam Plachetka, in der Premiere 2010 noch Masetto, ist zu einem virilen Giovanni herangereift: Nicht allzu edelmännisch vielleicht, aber sängerisch kernig und differenziert, punktet er mit Kraftlackelcharme. Die gegenseitigen parodistischen Anverwandlungen mit dem raumgreifend quirligen Paolo Bordogna, der als Leporello mit hell klingendem Bass sein Hausdebüt gab, zählten zu den willkommenen Späßen an einem eher langen Abend mit Martinotys komparsenreich-düsterer Inszenierung. Arienweise verkürzt haben ihn etwa Olga Bezsmertna als neue Elvira, der die Partie zwar nicht ideal liegen mag, die sie aber tadellos bewältigt, oder Benjamin Bruns als bewährter Ottavio. In einer Zeit, in der auch dramatischere Partien oft zu leicht besetzt werden, nimmt sich eine Donna Anna wie Hibla Gerzmava fast anachronistisch aus: eine imposante Stimme mit langem Atem, wenn auch nicht ohne Schärfen. Überraschend schmal dagegen Aida Garifullinas Zerlina, wacker Ryan Speedo Greens Komtur. (wawe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2015)

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