Auferstehung bei Bruckner und Messiaen

CORNELIUS MEISTER
CORNELIUS MEISTER(c) APA/ANGELIKA WARMUTH (ANGELIKA WARMUTH)
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Konzerthaus: Musikfest-Finale mit dem RSO Wien.

Auferstehung? Die Hoffnung auf Leben nach dem Tod hegen heute viele nur noch, wenn es um eine Lieblingsfigur in „Game of Thrones“ geht. In seiner f-Moll-Messe schildert Bruckner das Unbegreifliche jenseits von Dur und Moll, als brausendes Crescendo in leeren Quinten über dem Ton E. Und dann auch noch Himmelfahrt? Auf die Bildhaftigkeit emporeilender Stimmen wie etwa in Beethovens Missa solemnis verzichtet Bruckner, sondern entscheidet sich zwischen fortwährenden Quart- und Quintblitzen für den kürzesten harmonischen Weg nach A-Dur: Der Chor, diesmal die gewohnt brave Wiener Singakademie, skandiert das „et ascendit in coelum“ als ehernes, mit der Auferstehung musikalisch eng verbundenes Faktum.

Fortgeführte Mystik

Die Theologin Uta Ranke-Heinemann meldete einst Skepsis an angesichts des nachträglich eingefügten Himmelfahrtsberichts der Apostelgeschichte: „Tod, Auferstehung und Erhöhung Christi“ seien „ein einziges Ereignis, ein einziger Augenblick“, schrieb sie – doch da hatte ihr der Vatikan die Lehrbefugnis schon entzogen... Olivier Messiaen dagegen, frommer Christ und zugleich ein Vater der Avantgarde, stellte fern von Glaubenszweifeln in den 1930er-Jahren symphonische Betrachtungen über Jesu Auferstehung an: Die vier Meditationen von „L'Ascension“ kulminieren in einem leuchtend-intensiven Streichersatz, der die Mystik Bruckner'scher Adagioklänge fortführt und transzendiert.

Cornelius Meisters Entscheidung, das knapp halbstündige Werk auf die fast dreimal so lange Messe folgen zu lassen, schien zunächst fast so merkwürdig wie der laut Schulwissen verpönte „harmonische Rückschritt“, den Bruckner im Credo anwendet, also der Wechsel von der V. zur IV. Stufe. Sie war aber goldrichtig: So kam die schlüssigere Interpretation zum Schluss. Denn bei der heiklen Messe blieben Meister, sein RSO Wien und eine unausgeglichene Solistenriege immer wieder zwischen diffuser Patina und schärfer gezogenen Konturen stecken. Dennoch viel Applaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2015)

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