Beethovens Diabelli-Variationen als "Taufwasser"

Standort der Musiksammlung in der Wiener Hofburg
Standort der Musiksammlung in der Wiener HofburgAPA/ROLAND SCHLAGER
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Ronald Brautigam weihte in der Musiksammlung in der Wiener Hofburg ein nach historischem Vorbild gebautes Hammerklavier ein - inmitten der Diskussionen um die Zukunft der Musiksammlung.

Bei einer Taufe ist man immer gerne dabei. Auch bei der Taufe eines Instruments, vor allem unter diesen Umständen. Durchgeführt wurde die Zeremonie im schönen Marmorsaal der KHM-Musikinstrumentensammlung in der Wiener Hofburg nämlich von Ronald Brautigam, einem der versiertesten Hammerklavier-Virtuosen der Gegenwart, und das musikalische "Weihwasser" ist exquisiter kaum vorstellbar: Beethovens monumental-verspielte Diabelli-Variationen.

Auch die "Geburt" des Täuflings war eine besondere: Sie kam nämlich sozusagen durch Klonung zustande: Paul McNulty hat das Instrument nach dem Vorbild eines Hammerflügels aus der Werkstatt von Conrad Graf (um 1820) gebaut, der wiederum in der Musiksammlung steht. Diese war also der geradezu ideale Ort, das Instrument erstmals erklingen zu lassen (das Original ist übrigens nicht mehr spielbar, ein reizvoller und interessanter klanglicher Vergleich also leider nicht möglich).

Eines vorweg: Man merkt dem Instrument seine Jugend noch deutlich an. Es wirkt noch etwas spröde, strahlt noch nicht jenes Ausmaß an klanglicher Wärme aus, die man an Hammerklavieren, wenn sie schon länger gespielt wurden, so schätzt. Aber das wird sich wohl auswachsen. Ein anderer Vorzug besteht bereits: Bassbereich, Mitte und höhere Register haben - im Vergleich zu vielen modernen Konzertflügel, wo klangliche Unterschiede oft eingeebnet sind, einen prononciert eigenen Charakter, und dies ermöglichte dem Interpreten Brautigam, die Kontrapunktik viel stärker herauszuarbeiten, als man das bei diesem Werk sonst gewöhnt ist. Und zwar auch jenseits der als explizit kontrapunktisch ausgeschilderten Variationen.

Von Variation zu Variation stärkerer Sog

Das Thema nahm Brautigam noch mehr verhalten als bestimmt, doch entwickelte er von Variation zu Variation einen stärkeren Sog, sodass die Miniaturen wie von allein nicht einfach auf eine akustischen Perlenkette gefädelt wurden, sondern eine ganz schlüssig der anderen entsprang. In diesen Sog geriet dann allerdings auch das  das "Largeo, molto espressivo", das im Idealfall ein kontemplatives, schon fast dem zeitlkichen entrücktes Innehalten vor der Fuge ist. Grandios geglückt dafür der heikle Übergang von der Fuge ins abschließende Tempo die Minutto, bei dem Brautigam den zwischen feinem Humor und Nachdenklichkeit changierenden Tonfall trefflich erwischte.

Bleibt zu hoffen, dass es nicht eines der letzten Konzerte dieser Art war, denn in die derzeitigen Räume der Musiksammlung soll ja einmal das Haus der Geschichte einziehen. Die Zukunft der Sammlung ist immer noch offen, das Damokelsschwert schwebt weiter über den Instrumenten, wie Direktor Rudolf Hopfner erklärte. Die ventilierten Ersatzräumlichkeiten in der Hofburg seien jedenfalls keine wirkliche Alternative, würden sie doch eine Schrumpfung auf 40 Prozent bedeuten und die gewachsene Infrastruktur zerschlagen. 

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