Vom Nutzen und Nachteil eines Dirigenten

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Rudolf Buchbinder und das Mozarteum-Orchester begeistern bei den Salzburger Festspielen.

Zwei Dirigenten sind meist einer zu viel. Wenn ein Solist wie Rudolf Buchbinder so konkrete und begründete Vorstellungen von einem Konzert hat, und der Orchesterpart einen gewissen Komplexitätsgrad nicht überschreitet, verzichtet man oft besser auf einen zusätzlichen Dirigenten, um eine dysfunktionale Papst-Gegenpapst-Situation zu vermeiden. Buchbinder macht das mit großem Erfolg seit Jahren vor allem bei Mozart und Beethoven.

Am Samstag hatte er bei seiner Salzburger Mozart-Matinee das Mozarteum-Orchester an seiner Seite, einen Klangkörper, der Mozart und Haydn, die im ersten Teil auf dem Programm standen, im kleinen Finger hat. Was hier zum Auftakt zu hören war, war nichts weniger als eine ideale Haydn-Interpretation, vor allem in Gestus und Phrasierungskunst. Das Orchester „spricht“ Haydn so traumwandlerisch sicher, dass es vom ersten Takt des D-Dur-Klavierkonzerts an in jenen natürlichen Fluss gerät, der bei Haydn wie auch bei Mozart so essenziell ist. Buchbinder kann sich auf diese Mitstreiter völlig verlassen und auf dieser Basis seine jugendlich-kecke Interpretation entwickeln. Dass der zweite Satz eine Spur federnder, luftiger hätte ausfallen können, ist Jammern auf allerhöchstem Niveau.

Noch nicht am Limit

Schnell das Orchester aufgestockt, und weiter mit Mozarts großem C-Dur-Konzert KV503. Buchbinder schlug in den Ecksätzen forsche Tempi an, die aber so gewählt waren, dass noch jede Phrase sinnfällig ausformuliert werden konnte. Und er blendete das Orchester zu beachtlicher Lautstärke auf, sodass man kurz befürchten musste, es würde das Dach des Mozarteums abheben. Sehr fein gearbeitet waren besonders die dialogischen Passagen des Klaviers mit den Holzbläsern in der Durchführung des ersten Satzes. Im Finale brach der Schalk in Buchbinder vollends durch, souverän spielte er sich mit seinem Solopart. Großer Jubel schon zur Pause, der sich nach Beethovens Chorfantasie (unter tatkräftiger Hilfe des Salzburger Bach-Chors) noch steigerte. Wobei hier die Vorteile eines Dirigenten vielleicht überwogen hätten. Die so verschieden gestalteten Teile dieses Werks zusammenzuhalten ist auch für hauptberufliche Dirigenten immer wieder eine Herausforderung. Auch wenn es am Schluss dann das Dach doch fast abgehoben hätte: Bei der Chorfantasie sind Buchbinder, das Orchester und der Chor noch nicht am Limit des Möglichen angelangt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

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