Tschaikowsky ist doch nicht ganz Schönberg...

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Zubin Mehta und Israel Philharmonic mit prägnantem Schönberg und wenig überzeugendem Tschaikowsky.

Von Schönberg kenne er jede Note, lässt Zubin Mehta gern bei seinen Gesprächen einfließen. Diese Leidenschaft geht zurück auf Mehtas Studienjahre in Wien bei Hans Swarowsky, einem der besten Kenner der Zweiten Wiener Schule. Schönberg hatte Mehta, der wegen einer kürzlich erfolgten Knieoperation das gesamte Konzert sitzend bestreiten musste, auch im Gepäck seines Salzburg-Gastspiels mit Israel Philharmonic, dem er als Musikdirektor auf Lebenszeit verbunden ist: die „Verklärte Nacht“ und die Erste Kammersymphonie.

Die chorische Fassung des auf dem gleichnamigen Gedicht Richard Dehmels fußenden Streichsextetts „Verklärte Nacht“ hat längst Eingang in das Orchesterrepertoire gefunden, ideal zur Ein-stimmung, aber auch, um die spezifischen Streicherqualitäten eines Orchesters effektvoll zu zeigen. Auf beides zielte Mehtas einen natürlichen melodischen Fluss herausarbeitende Deutung. Gleichwohl blieb die Dramatik des zugrunde liegenden Sujets stets präsent. Natürlichkeit des Ausdrucks, selbstverständliche Artikulation und klare Phrasierung sprach auch aus Mehtas Darstellung der Kammersymphonie, die nach dem Beispiel von Schuberts Wandererfantasie oder Liszts h-Moll-Sonate vier Sätze zu einem von komplexer Harmonik begleiteten Ganzen verknüpft.

Schönbergs Liebe zum Russen

„Ich aber wünsche nichts sehnlicher (wenn überhaupt), als dass man mich für eine bessere Art von Tschaikowsky hält“, schrieb Arnold Schönberg gegen Ende seines Lebens dem für zeitgenössische Musik stets hoch engagierten Dirigenten Hans Rosbaud. Tschaikowsky zählte zu jenen Komponisten, die Schönberg zeitlebens verehrte und seinen Schülern nahebrachte. Ein Grund, weshalb Mehta seinen Abend mit der „Pathétique“ beschloss. Die Souveränität und Spannung, mit der zuvor die beiden Schönbergs realisiert worden waren, wollte sich hier nicht so recht einstellen. Zwar spürte man auch hier Mehtas lebenslange Beschäftigung mit diesem Werk, gelangen einige subtil modellierte Details. Insgesamt fehlte es der auch instrumental unterschiedlich gelungenen Wiedergabe etwas an Eindringlichkeit, zuweilen auch an Glanz. Vor allem in den beiden ersten Sätzen dauerte es, ehe die Musiker zur geforderten Balance fanden.

Etwas knallig erklang das Scherzo, was seine Wirkung nicht verfehlte. Statt den dann sehr ruhig genommenen Finalsatz abzuwarten, gab es bereits danach Applaus, der ungleich stärker nach dem folgenden Adagio ausbrach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2015)

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