Konzerthaus: Ein virtuoser „Feuervogel“

Valery Gergiev (Archivbild).
Valery Gergiev (Archivbild).(c) APA/EPA/Marc Mueller (Marc Mueller)
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Unter Valery Gergiev beeindruckte das London Symphony Orchestra mit Werken von Béla Bartók und Igor Strawinsky.

In Bartóks Tanzsuite von 1923 zeigt sich die Beschäftigung des ungarischen Komponisten mit Volksmusik, die ihn bis zu orientalischen Melodien vorstoßen ließ. Immer wieder erklingen arabisch anmutende Elemente, besonders in den Themen des ersten Satzes. Ausgerechnet diese gelangen Valery Gergiev, der 2017 beim London Symphony Orchestra von Sir Simon Rattle als Musikdirektor abgelöst wird, wenig grazil und tänzerisch, sie wirkten stellenweise formlos, dann fast militärisch. Allerlei rhythmisch herausfordernde Spieltechniken hingegen, wie das col legno der gesamten Streicherpartie, schmückten die Darbietung effektvoll aus. Eben noch an Jazzmusik erinnernde Klänge gingen in zauberhafte, impressionistische über. Obwohl der Dirigent auch diese Übergänge effektvoll gestaltete, schlägt sein Herz merklich stärker für temperamentvolle, markante Passagen.

Durchwegs energisch und energiegeladen trat auch Yefim Bronfman als Solist in Bartóks Zweitem Klavierkonzert auf. Auf Kosten der Empfindsamkeit zeigte er seine wirkungsvolle Spielart – rasend, laut und mächtig. Nicht nur aufgrund der vor allem im ersten Satz relativ dünn orchestrierten Komposition dominierte er mit seiner Fingerfertigkeit den Saal. Der Grundcharakter seines Spiels blieb Exaktheit, eine, die nur selten mit den Möglichkeiten und der Lebendigkeit des Klangs spielt. In den schwungvollen Läufen des Prestos hingegen ließ sich Bronfman dann endlich doch zu etwas weicheren, emotionaleren Tönen hinreißen.

In differenziertesten Nuancen dirigierte Gergiev nach der Pause mit deutlich mehr Enthusiasmus Strawinskys „Feuervogel“. Das LSO durfte die ganze Palette seines Könnens zeigen, von virtuosen Soli über akzentuierte Tutti-Stellen bis hin zu lyrischen, beinahe singenden Streicherpartien. Angefeuert von den kantigen, schroffen, oft aggressiven Gesten Gergievs schienen die fast unfehlbaren Musiker gänzlich in der Bildsprache Strawinskys aufzugehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2015)

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