Volksoper: Bagdad ohne Bilder am Wiener Gürtel

(c) VOLKSOPER WIEN/BARBARA PALFFY
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Das Musical „Kismet“, konzertant an der Volksoper: Christoph Wagner-Trenkwitz glänzt als Erzähler.

„Kismet“, ein Broadway-Erfolg der Fünfzigerjahre, war ein Geniestreich der Komponisten Robert Wright und George Forrest: Sie verschmolzen Melodien aus Werken Alexander Borodins, vor allem aus dessen Oper „Fürst Igor“ – die ab 19. März an der Volksoper läuft – zu einer arabischen Märchengeschichte. Nach über 30 Jahren ist dieses erfolgreiche Arrangement wieder in Wien zu erleben, freilich nur in einer konzertanten Fassung.

Geschickt wurde die Bühne dreigeteilt: Solisten im Vordergrund, Chor im Hintergrund, Orchester inmitten. Christoph Wagner-Trenkwitz sitzt als Erzähler direkt neben dem Dirigentenpodium: Er wird zum Star des Abends. An die Stelle einer visuellen Umsetzung tritt seine gewitzt-komische Schilderung der wundersamen Geschichte des Poeten Hajj und seiner Tochter Marsinah im Bagdad des Jahres 1071: Neben einigen Täuschungen und Gauklereien entwickelt sich eine junge Liebe, die über das Böse siegen und zu einem romantischen Ende führen darf.

Schlecht vorbereitete Sänger?

Rod Gilfry als reifer, aber hinterlistiger Lebemann Hajj, der sich seine jugendliche Frechheit bewahren konnte, schien bei der Premiere stimmlich nicht ganz auf der Höhe, man hörte unbeabsichtigt heisere Töne. Doch glänzte er als Unterhalter. Weniger überzeugend mimte Rebecca Nelsen die Marsinah. In den tiefen Lagen sang sie mit sanfter Anmut, die lauteren, höheren Stellen überforderten sie hörbar: Ihr anhaltendes Tremolo klang gepresst und übertrieben. Kim Criswell zog als exzentrische Lalume alle Aufmerksamkeit auf sich, ihre blueslastige Interpretation von „Bagdad“ blieb im Ohr. Dagegen enttäuschte ihr kurzer Auftritt als Heiratsvermittlerin, bei dem sie kaum aus dem Klavierauszug aufblickte. Insgesamt ließ das Sängerensemble etwas an der ausreichenden Vorbereitung dieser Premiere zweifeln, auch Ben Connor und Stefan Cerny bestritten ihre Quartettparts in „And This is My Beloved“ wenig elegant nach Noten singend. Besonders Cerny zeigte aber Stimmgewalt, der es nicht an Nuancierung fehlte.

Nicht nur dank der reichhaltigen Orchestrierung von Wright und Forrest beeindruckte vor allem das Orchester der Volksoper. Fügsam ordneten sich die Musiker den Sängern unter, ohne dabei unterzugehen. Auch der Chor der Volksoper sang makellos. Dirigent Joseph R. Olefirowicz bewies seine Vielseitigkeit, indem er sich stellenweise mit Sprechgesang an der Handlung beteiligte. (tes)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2016)

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