Die Gheorghiu in ihrer Lebensrolle: Eine Diva als Diva

OPERNBALL 2012: ER�FFNUNG / ANGELA GHEORGHIU
OPERNBALL 2012: ER�FFNUNG / ANGELA GHEORGHIU(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Die Primadonna fand als Tosca an der Staatsoper in Michael Volle einen ebenbürtigen Gegenspieler.

Angela Gheorghiu ist unbestreitbar eine der wenigen echten Primadonnen unserer Zeit. Das zeigt sich ja sogar, wenn sie in fremden Gefilden wildert, wie jüngst in Massenets „Werther“. Unschlagbar ist sie freilich, wenn sie quasi als sie selbst auf der Bühne erscheinen darf: als Diva.

Die Rolle von Puccinis berühmten, von allen umschwärmten Sängerin Tosca erfüllt sie mit jeder Gebärde, mit jeder vokalen Nuance. Sie singt, wenn es der Gang der Handlung von Sardous brutalem Drama erfordert, schon einmal mit dem Rücken zum Publikum, ohne dabei auch nur eine Sekunde aus dem Takt zu kommen. Freilich: Wo gestaltungsbedingte Zäsuren, Verzögerungen, Haltepunkte einzubauen sind, zwingt sie diese unmissverständlich auch den – willig alle Subtilitäten reflektierenden – Wiener Musikern auf. Die wissen ja nur allzu gut, dass die wahren Dirigenten einer solchen Vorstellung auf der Bühne zu finden sind, und hören entprechend aufmerksam zu.

Polizeichef zwingt Diva in die Knie

Zumal dann, wenn sich – kurzfristig für den erkrankten Evgeny Nikitin eingsprungen – mit Michael Volle ein Baron Scarpia findet, der ein idealer Gegenspieler dieser Tosca ist. Er zwingt die selbstbewusste Frau Schritt für Schritt mit sadistischem Zynismus in die Knie; und genießt auf dem Höhepunkt der wütenden Auseinandersetzung in aller Ruhe noch ein Glas Rotwein. Stimmlich schöpfen beide Künstler auch die musikalischen Gestaltungsmittel drastisch aus: vom schmeichelnden Flüsterton bis zum Schrei; wobei im entscheidenden Moment dann auch wirklich schön gesungen wird.

Oder es werden, wie im Fall des für Wien neuen Cavaradossi von Jorge de León, zumindest kraftvolle, bis in höchste Lagen imposant dunkle, männliche Tenortöne geliefert: Der Lyrismus, dessen Gheorghius Sopran trotz aller expressionistischen Strapazen etwa im Schlussduett noch fähig ist, scheint nicht ganz Leóns Sache, was seinem Erfolg dank sicher absolvierter „Vittoria“- und ähnlicher Rufe sowie müheloser Linienführung in den beiden Arien keinen Abbruch tut. Rund um die Hauptdarsteller ein exquisites Ensemble mit Clemens Unterreiners prägnantem Angelotti, einem komödiantischen Mesner (Paolo Rumetz) und einer entsprechend finsteren Entourage des Polizeichefs, die frische Hirtenstimme von hinter der Szene (Bernhard Sengstschmid) nicht zu vergessen – sowie Patrick Lange, der am Pult darauf achtet, dass die Krimispannung nie an Tempo verliert. Für den Rest sorgen, wie gesagt, die Protagonisten.

Reprise: am 10. Februar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2016)

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