Junger Pianist, aber auch der "Boléro" wieder zu entdecken

(c) Clemens Fabry
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Bertrand Chamayou debütierte unter Bertrand de Billy im Musikverein.

Der junge Franzose Bertrand Chamayou nutzte seine Chance. Von Jean-Yves Thibaudet übernahm er den Solopart in Camille Saint-Saëns' rarem Fünften Klavierkonzert. Es heißt das „ägyptische“, zum Teil in Luxor entstanden und im Mittelsatz voller exotischer Klangeffekte. Diese servierte Chamayou mit koloristischer Delikatesse, ohne dabei die letztlich doch immer klassizistische Struktur von Saint-Saëns' Musik aus den Augen zu verlieren.

Auch die rasanten Passagen der Final-Toccata bewältigt der junge Musiker mit Brillanz, doch ohne jede effektheischende Attitüde. Er spielt einfach wirklich gut Klavier. Die Freude darüber ließ sich am rauschenden Applaus ablesen. Der Abend hatte schon wunderbar begonnen, denn Bertrand de Billy repetierte mit den Symphonikern Henri Dutilleux' zweite Symphonie „Le Double“, die er schon mit dem RSO erfolgreich nach Wien geholt hatte. Das Stück ist ein großes Concerto grosso voll lyrischer Stimmung und farblicher Pastellarbeit, deren Betrachtung dank der strukturellen Stringenz dieser Komposition niemals an Spannung verliert. Dass de Billy auch Ravels „Boléro“ als Studie in konsequenter Klangfarben-Anreicherung serviert und nicht versucht, aus forcierter Lautstärkenregulierung zusätzliches Effektkapital zu schlagen, hat auch das Konzertfinale zum Erlebnis werden lassen. Statt sich genussvoll zum Déjà-entendu-Erlebnis zurückzulehnen, wartet man gespannt auf jede neue „Variation“ – um vielleicht sogar zu entdecken, dass Ravel mit der Übereinanderschichtung mehrerer Tonarten einen Kunstgriff anwendet, den er in Saint-Saëns' Klavierkonzert kennengelernt haben kann . . . (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2016)

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