„Der Korsar“: Hafen und Harem

Hit der Romantik. Robert Gabdullin schwärmt vom Märchen „Le Corsaire“.
Hit der Romantik. Robert Gabdullin schwärmt vom Märchen „Le Corsaire“.(c) Christine Pichler
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Wild, exotisch, romantisch: Robert Gabdullin tanzt in „Der Korsar“ in der Staatsoper.

Mit der Seeräubersaga „Le Corsaire“ feiert das Wiener Staatsopernballett eine Mehrfach-Premiere: Zum ersten Mal wird der Schlager aus dem 19. Jahrhundert in Wien gezeigt, zum ersten Mal hat sich Ballettchef Manuel Legris an eine Choreografie gewagt, daher tanzt auch jede Tänzerin, jeder Tänzer und das gesamte Corps jede Rolle zum ersten Mal. Debüts auf allen Linien. Auch für den Ersten Solotänzer, Robert Gabdullin, der bei der Premiere Conrad, den Korsaren, tanzen wird. In der letzten Phase der intensiven Proben geht es nicht mehr um Schritte und Sprünge, die hat der Körper bereits gespeichert, sondern um den Ausdruck von Emotionen: „Der Kern sind nicht die Schritte“, mahnt Choreograf Legris, „sondern die Geschichte, du musst fühlen, dass du verliebt bist.“ Schon schaut Gabdullin seiner Partnerin, Maria Yakovleva, tief in die Augen. Sie wird die griechische Sklavin Medora tanzen, um die sich alles dreht. Auf dem Sklavenmarkt will Conrad sie kaufen, doch der türkische Pascha kommt ihm zuvor. Ein Korsar zögert nicht lange und raubt die Schöne. Das duldet der Pascha nicht, Medora wird wieder eingefangen . . .

Byrons Story. Dies ist ein Ballett, wie es seit 200 Jahren das Publikum begeistert, romantisch, exotisch, erotisch. Manuel Legris wird es neu erzählen, doch Lord Byron hat’s erfunden. Mit seiner Geschichte in Versform „The Corsair“ hat er einen Romantikboom entfacht, der ihm noch im Jahr des Erscheinens, 1814, sieben Auflagen bescherte. Giuseppe Verdi komponierte die Oper „Il Corsaro“, Hector Berlioz eine Ouvertüre und Adolph Adam ein Ballett. Den letzten, klassischen Schliff erhielt das Treiben in Harem und Räuberhöhle, als Märchenonkel Jules Perrot sein Libretto nach St. Petersburg exportierte und sich Marius Petipa der farbenprächtigen Geschichte annahm. Von da an beleben die Schönen im Serail und die Tollkühnen auf der Fregatte das Repertoire aller großen Balletttruppen bis heute. Dank Legris kann Wien mit einer eigenen Choreografie auch international punkten. Für Robert Gabdullin ist die wilde Geschichte des Freibeuters Conrad ein Märchen: „Ich tanze den Conrad, darauf konzentriere ich mich jetzt“, sagt er lapidar. Geboren in Jekaterinburg (früher Swertlosk), nur knapp 40 Kilometer östlich der imaginären Trennlinie zwischen Europa und Asien, kann er bereits von einer beachtlichen Karriere erzählen: Erster Solist in Jekaterinburg, Erster Solist in Perm – „Da wollte ich immer hin, die hatten ein interessanteres Repertoire und gingen auch auf Reisen“. Danach wurde Gabdullin Erster Solist des Polnischen Nationalballetts in Warschau und war gern gesehener Gast bei vielen internationalen Compagnien. Die Liste seines Repertoires ist lang und klassisch. „Auch den Conrad habe ich schon getanzt, aber jetzt ist alles anders, Legris definiert die Figuren neu, den Ablauf und die Bewegungen. Ich liebe diesen Conrad, den Charakter, eigentlich alle Charaktere. Sie sind so lebendig.“ Gabdullin ist kein Dampfplauderer, lange überlegt er vor jedem Satz. Kindheit und Jugend in Russland sind spürbar.

Glühen. Unaussprechlich fast seine Heimatregion: Baschkortostan, Hauptstadt: Ufa. Dort ist Rudolf Nurejew aufgewachsen. Gabdullins Verehrung für ihn ist groß. „Doch ich habe auch Manuel Legris schon gekannt und bewundert.“ Genau hat er das Video des zauberhaften Pas de deux „Le Spectre de la Rose“ mit Legris als Rosengeist studiert. Den „Corsaire“ hat der Wiener Ballettchef nie getanzt, so war er frei in seiner Gestaltung. „Die Choreografie ist allein von ihm, aber bei der Musik hat er mit Igor Zapravdin, unserem Korrepetitor, zusammengearbeitet.“ Zapravdin, „einer unserer besten Pianisten und Komponisten“ (Legris), hat die Partitur von „Le Corsaire“ durch zwei Stücke von Adolph Adam, dem Hauptkomponisten des Balletts, bereichert und auch für die Übergänge im musikalischen Pasticcio gesorgt.

Neu ist für Gabdullin ferner der Pas de deux mit Medora im zweiten Akt. Das sei Musik von Léo Delibes aus dem Ballett „Sylvia“, berichtet er. Vor vier Jahren ist Gabdullin von Warschau nach Wien gereist, wurde als Solotänzer engagiert und 2013 zum Ersten Solotänzer ernannt. Über Wien, das Ensemble, den Chef, kann er nur Gutes sagen. „Ich liebe diese Stadt. Ich liebe das Land. Nice people. Alle waren so freundlich, als ich gekommen bin. Ich hoffe, dass ich bald besser Deutsch kann.“ Es fehlt die Zeit, und ein Privatleben samt Freundin gibt es schließlich auch. Konrad, das ist „der Kühne“, doch Robert? Wer ist Robert? Im Namensbuch steht es: „der von glänzendem Ruhm“. Das hat Gabdullins Mutter wohl gewusst: „Sie wollte, dass ich etwas Besonderes bin, so gab sie mir keinen russischen Namen, sondern wählte einen fremdartigen, der sofort auffällt. Mir gefällt er.“ Der Ruhmreiche tanzt den Kühnen und soll auch der vor Liebe Glühende sein.

Tipp

„Le Corsaire“. Choreografie: Manuel Legris, Musik: Adolph Adam und andere. Dirigent: Valery Ovsianikov, Ausstattung: Luisa Spinatelli. Mit Robert Gabdullin in der Titelrolle, Maria Yakovleva, Davide Dato, Liudmila Konovalova, Premiere: 20.3. Wiener Staatsoper.

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