Nachhilfestunden in Sachen Barock-Interpretation

(c) Wiener Konzerthaus
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Masaaki Suzuki beehrte das Konzerthaus mit seinem Bach Collegium.

Vor zwei Generationen staunte man hierzulande noch über das Interesse, das man in Japan der europäischen Musik entgegenbringt. Bis heute quellen unsere Musikakademien förmlich über von asiatischen Studenten. Mittlerweile hat man sich aber daran gewöhnt, aus Fernost bereits Nachhilfeunterricht in Sachen musikalischer Rezeption, Analyse und Interpretation zu bekommen.

An vorderster Front: Masaaki Suzuki, Gründer des Bach Collegium Japan, der am Freitag im großen Konzerthaussaal demonstrierte, dass die Originalklangforschung in Tokio ganz eigene, weltweit beachtete Ergebnisse erzielen konnte. Seit 1990 arbeitet Suzuki an ausgefeilten Wiedergaben Bach'scher Musik in kleinsten Besetzungen.

Und was sein Chor und sein Instrumentalensemble an geschliffener Phrasierungskunst, an eloquenter Verwandlung textlicher Feinheiten in musikalische Details leisten, ist tatsächlich Staunen erregend. Naturgemäß verweht manch zarter Klang aus einer Kantate wie „Ich hatte viel Bekümmernis“ (BWV 21) im riesigen Jugendstil-Raum des Wiener Konzerthauses. Und doch schaffen es die exzellenten Solisten (auch der einspringenderweise souverän agierende Tenor Makoto Sakurada aus den Reihen des Chors), die Aufmerksamkeit des Publikums zu fokussieren – etwa auf Bachs geradezu lustvoll modellierte Glaubenswahrheiten im subtilen Dialog zwischen Sopran (Hana Blažiková) und Bass (Dominik Wörner). Hinreißend das lebendig-vielgestaltige Continuo-Spiel, makellos die Klangbalance des gesamten Ensembles. Jetzt weiß man auch in Wien, warum Suzukis CD-Aufnahmen so oft preisgekrönt werden . . . (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2016)

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