Monumentales Requiem im Musikverein

Saimir Pirgu (Archivbild)
Saimir Pirgu (Archivbild)(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Berlioz' Totenmesse mit Pirgu, dem Singverein und den Gästen aus Toulouse unter Tugan Sokhiev.

Ein stark besetztes Orchester mit acht Paukengruppen, dazu vier Blechbläserensembles in den Ecken des Balkons, auf dem zentralen Orgelbalkon noch der einzelne, fast einsam wirkende Tenorsolist: Das Festwochen-Gastspiel des Orchestre National du Capitole de Toulouse unter seinem Chefdirigenten, Tugan Sokhiev, brachte ein Wiederhören mit der „Grande messe des morts“ von Hector Berlioz. Bei der Uraufführung 1837 in Paris wäre es fast zu einer Katastrophe gekommen, weil sich der Dirigent eine Prise Schnupftabak genehmigen wollte – just an einer Stelle, die dringend der Koordination bedarf: am Beginn des „Tuba mirum“, wenn die Fanfaren aus allen Richtungen schmettern.

Ganz ohne Wackeln ging es auch diesmal nicht, aber der theatralische Nachdruck war da. In diesem monumentalen, stellenweise monströsen Werk wechseln überraschende Wendungen und faszinierende Details mit merkwürdigen Längen – so, als sei es aus teils kunstvollen, teils unbehauenen Blöcken erbaut. Das Orchester stellte beides mit gleicher Sorgfalt aus, versuchte, nichts zu kaschieren oder die Effekte weiter aufzubauschen. Der Singverein umschiffte die Klippen der Chorpartie sonor und sicher, behielt auch im donnernden Fortissimo seinen noblen Klang. Am eindringlichsten: das Lacrimosa, in dem Peitschenschläge der Streicher und Bläserseufzer zum Pandämonium ineinandergreifen, und das mit ätherischen Streicherklängen und leisen Beckenschlägen an „Lohengrin“ erinnernde Sanctus: Saimir Pirgu sang das Solo nicht etwa mit demütiger Zurückhaltung, sondern rückte es in südländisches Sonnenlicht. (wawe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2016)

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