Jonas Kaufmann: Unaufhaltsamer Aufstieg

Jonas Kaufmann (Archivbild).
Jonas Kaufmann (Archivbild).(c) APA/NEUMAYR/PROBST
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Kein deutscher Tenor hat es seit Fritz Wunderlich so weit gebracht: In Wien gibt sich der Künstler waghalsig.

In Alexander Pereiras Zürcher Amtszeit war Jonas Kaufmann noch einer von mehreren Tenören im Ensemble des Opernhauses. Damals wurden Opernfans auf die lyrischen Qualitäten eines Piotr Beczała ebenso aufmerksam wie auf Kaufmanns baritonal-männliche Stimme, die doch über sichere tenorale Höhen gebot.

Doch dem war eine lange Aufbauarbeit vorausgegangen. Ein Mathematikstudium brach der Münchner (Jahrgang 1969) zugunsten der Musik ab, nahm Stunden bei Größen wie Hans Hotter und James King. Und er bewältigte das, was viele Konkurrenten heute gern überspringen, die berüchtigte Ochsentour durch die Provinz, beginnend mit einem Engagement im Ensemble von Saarbrücken. Vielleicht sicherte ihm das die bemerkenswerte Robustheit seiner Stimme.

Jedenfalls hat es gedauert, bis die Welt in ihm das Potenzial zum führenden Tenor seiner Zeit erkannte. Eine Reihe von CD- und DVD-Aufnahmen dokumentiert den jungen Jonas Kaufmann auch in kleineren Partien und in Produktionen von Raritäten wie Heinrich Marschners „Der Vampyr“.

Das ganze „Lied von der Erde“

Die DVD von Humperdincks „Königskindern“ (2005) kam in den Handel, als sich die internationalen Opernhäuser und Festspiele bereits um Kaufmann rissen. Mittlerweile darf er sich aussuchen, was er wo und mit welchen Partnern singen möchte. Und er wählt dabei immer wieder neue Partien, die dann sofort auf CD und DVD dokumentiert werden. Die Kür wird Kaufmann am 21. Juni im Wiener Musikverein wagen, wenn er mit den Philharmonikern unter Daniele Gatti alle sechs Sätze von Mahlers „Lied von der Erde“ interpretieren will; ein singuläres Wagnis.

Apropos Wien: Im April übernahm Kaufmann als Buchpate Nr. 8000 die Patenschaft für die handschriftliche Partitur, die für die Uraufführung der letzten Fassung von Beethovens „Fidelio“, 1814 im Kärntnertortheater, hergestellt wurde.

Im Nachfolgehaus, der Staatsoper, konfrontiert Kaufmann morgen, Mittwoch, Richard Strauss und Mahler mit den „Michelangelo-Sonetten“ von Benjamin Britten – ein Indiz, in welche Richtung die Erweiterung von Kaufmanns Repertoire noch gehen könnte? (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2016)

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