Eifersuchtsmorde beim Stift Klosterneuburg

(c) Oper Klosterneuburg/ Lukas Beck
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„Cavalleria Rusticana“ und „Bajazzo“: Sommerspiele, bei denen tatsächlich die Musik im Vordergrund steht.

Die heimelig-homogenen Streicher brauchen nur ein paar Takte zu spielen, und man spürt sofort: An diesem Abend geht es tatsächlich und in erster Linie um die Musik. Die Feststellung mag merkwürdig klingen, handelt es sich doch immerhin um eine Opernaufführung. Oft steht jedoch bei den sogenannten Sommertheatern das Spektakel im Vordergrund, und gerade dem Orchesterpart gilt nicht immer die höchste Aufmerksamkeit. Zudem kann die bei Open Airs oft unumgängliche technische Verstärkung den Höreindruck stark trüben.

In Klosterneuburg geht man einen anderen Weg. Verstärkung ist im Stiftshof – so wetterbedingt bespielbar – nicht nötig, was eine ganz andere Hörqualität ermöglicht. Eine, die einer Oper auch angemessen ist. Damit das gut geht, braucht es freilich die entsprechenden Kräfte, und diese saßen mit der hinreißend aufspielenden Sinfonietta Baden unter Christoph Campestrini auch heuer wieder im Graben. In hörbar akribischer Probenarbeit wurde nicht nur eine Präzision erreicht, wie man sie auch an arrivierten Häusern nicht immer geboten bekommt; mit großer Liebe zum Detail kommen auch Feinheiten der Partituren von Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ und Leoncavallos „Bajazzo“ ans Licht, die im veristischen Gefühlsüberschwang der beiden Eifersuchtsdramen oft niedergebügelt werden.

Hohes Niveau auch im Vokalen: Gesungen wird im „Bajazzo“ durchgehend, und in der „Cavalleria“ über weite Strecken, ausgezeichnet. Hier ist es vor allem Stella Grigorian, die (auch szenisch) alles dominiert. Ihr herber Mezzo ist maßgeschneidert für die Partie der Außenseiterin Santuzza, die verzweifelt die Liebschaft ihres Turiddu (tapfer: Bruno Ribeiro) mit Lola (Anna Marshaniya) deren Mann (Sebastian Holecek als stimmgewaltiger, wenn auch eine Idee zu sympathischer Alfio) verpfeift. Lucia (eindringlich: Stefania Toczyska) muss machtlos zusehen.

Clemens Unterreiners Prachtbariton

Aufs Verpfeifen versteht sich auch Staatsopern-Sänger Clemens Unterreiner im „Bajazzo“: Mit seinem Prachtbariton und seinem dramatischen Zugriff ist auch er als Tonio eine Idealbesetzung, doch die tenorale Strahlkraft von Zurab Zurabishvili (Canio) und der kraftvolle, aber nie scharfe Sopran von Eugenia Dushina (Nedda) bieten ihm gut Paroli, tadellos auch Klemens Sander als Silvio und Maximilian Mayer als Beppo.

Und die Regie? Isabella Gregor tut das Richtige: Sie erzählt die beiden Geschichten, indem sie die Spannungen zwischen den Protagonisten messerscharf herauspräpariert. Bei der Intensität, mit der da in Klosterneuburg nicht nur gesungen, sondern auch gespielt wird, ist es sogar zu verschmerzen, wenn regenbedingt in die Babenbergerhalle ausgewichen werden muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)

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