Verdis „Otello“ in Gars am Kamp

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Intendant Johannes Wildner erklärt, wie er im Waldviertel „das Opernhaus des nördlichen Niederösterreichs“ etablieren will.

Johannes Wildner ist eine der buntesten Erscheinungen der österreichischen Klassikszene. Der ausgebildete Geiger hat seinen sicheren Platz an einem philharmonischen Musikerpult schon vor Jahrzehnten mit dem des Kapellmeisters getauscht – und kehrt, nachdem er Erfahrung in Opernhäusern und Konzertsälen in aller Welt gesammelt hat, in seine Heimat zurück: Er leitet eine Dirigentenklasse an der Wiener Musik-Universität, und er ist der künstlerische Leiter des sommerlichen Opernfestivals in der Burgruine Gars am Kamp.

Dort zeigt er nach dem erfolgreichen „Don Carlos“ im Vorjahr wieder eine Verdi-Oper: „Auch den ,Otello‘, sagt Wildner, „bringen wir – quasi als logische Fortsetzung – sozusagen ohne Bühnenbild heraus. Die Burg ist die Dekoration, gespielt wird auf einer von einem Mödlinger Architekten entworfenen Installation. Sie hat 2015 ein Kreuz dargestellt, heuer fungiert sie als Zitadelle“. Doch ist bei aller Kargheit dieser Vorgaben für Farben und Bewegung gesorgt. Wildner: „Es gibt üppige Kostüme aus der Ära zwischen der Zeit, in der das Stück spielt, und der Zeit, in der Shakespeare es geschrieben hat. Und wie im Elisabethanischen Theater ist die Inszenierung gleichbedeutend mit detailverliebter Personenführung. Dieser Zugang entspricht auch unserem musikalischen Anspruch.“ Wobei diesem durch die Freilufttheater-Verhältnisse gewisse Grenzen gesetzt sind. „Bei uns wird nicht verstärkt, das Orchester nicht, die Solisten nicht und auch der Chor nicht. Was heißt, dass wir vom Engagement besonders zarter, lyrischer Stimmen absehen müssen.“

Im Übrigen aber soll Verdi zu seinem vollen Recht kommen – auch, was seine dramaturgischen Ideen anlangt. Mit Verweis auf die jüngsten Probleme Europas im Zuge der Migrationsströme meint Wildner: „Ich hätte mir, als wir ,Otello‘ auswählten, nicht im Traum vorstellen können, wie brandaktuell dieses Werk werden würde.“ Wildners ehrgeiziger Plan ist es jedenfalls, die Festspiele von Gars fest im Bewusstsein der Region zu verankern. Man möchte „das Opernhaus des nördlichen Niederösterreichs“ werden, sagt er.

2017 kommt die „Zauberflöte“

Das Image des Waldviertels scheint dem entgegenzustehen. „Aber bei uns ist es nicht kalt und unwirtlich, wir sind im Kamptal, hier ist es südlich sonnig“, sagt Wildner. Er ist zuversichtlich, dass es gelingen könnte, viele Neugierige auch aus dem näheren Umkreis einmal im Jahr hierherzulocken und mit großem Musiktheater zu konfrontieren.

2017 möchte Wildner dann Mozarts „Zauberflöte“ von den üblichen Wien-Klischees und theatralischen Gemeinplätzen befreien: ,,Es muss ein Wiener Volksstück bleiben, darf aber nie in Klamauk ausarten. Wien ist nicht lächerlich, und es ist auch nicht gemütlich.“ Jedenfalls nicht in jenem gern vermarkteten Sinn. „Aus diesem Missverständnis“, so Wildner, „ist ja auch die Krise der Strauß-, Mozart-, Schubert-, ja sogar der Mahler-Pflege entstanden.“ Mit Kurt-Josef Schildknecht hat der Dirigent den Regiepartner gefunden, „der weiß, wie schwierig es ist, die ,Zauberflöte‘ zu inszenieren“.

Und weil man in Sachen PR in Gars innovativ ist, werden die ersten Karten für 2017 schon zur Premiere 2016 zum Verkauf gelangen.

„Otello“: Premiere am 15. Juli.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)

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