Schubertiade Hohenems: Spannung in Fugen und Fantasien

PROBE NEUJAHRSKONZERT 2012
PROBE NEUJAHRSKONZERT 2012(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
  • Drucken

Beim Festival, in dessen Zentrum Schubert steht, brillierte gleichwohl David Fray mit Bach, Schumann und Brahms: differenziert, gedankenvoll.

Nach wie vor stehen Schuberts Liedwerk und Kammermusikschaffen im Mittelpunkt der seit vier Jahrzehnten bestehenden Schubertiade Hohenems. Programme abseits dieses Hauptpfades schließt das nicht aus, wie diese Woche gezeigt hat. Im Mittelpunkt stand ein Meisterkurs für Liedgesang von Thomas Hampson, der dieses Seminar mit zwei Liederabenden umschließt: einen mit einer Hugo-Wolf-Auswahl, einen mit Loewe, Schubert und Schumann.

Das Schumann-Quartett gastierte mit einer Transkription für Streichquartett von Mozarts „Exsultate jubilate“ mit der Sopranistin Brenda Rae. Mit ihr realisierte es auch Aribert Reimanns zeitgenössische Bearbeitung für diese Besetzung von Schuberts Mignon-Liedern. Der Countertenor Valer Sabadus widmete sich mit dem Lautenisten Axel Wolf Liedern des 16. und 17. Jahrhunderts. Das Modigliani-Quartett engagierte sich für Beethovens f-Moll-Quartett Opus 95 und tat sich mit Stars wie der Klarinettistin Sabine Meyer und dem Hornisten Bruno Schneider für Schuberts Oktett zusammen. Und die Programmpalette des Kuss-Quartetts reicht von einem vierstimmigen Madrigal des Engländers John Wilbye bis zu Schuberts d-Moll-Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“.

Bald impulsiv, bald beschaulich

In diese Vielfalt passte auch die Zusammenstellung des einzigen Klavierabends dieser Schubertiade-Woche im intimen Ambiente des Markus-Sittikus-Saals in Hohenems. Denn der französische Pianist David Fray, der erstmals 2008 bei diesem Festival aufgetreten ist, eröffnete den Abend mit den ersten acht Präludien und Fugen aus dem ersten Band von Bachs „Wohltemperiertem Klavier“ und beendete den offiziellen Teil seines Recitals mit den sieben Fantasien Opus 116 von Johannes Brahms. Auch sie sind ein abwechslungsreicher Zyklus, in dem rasche Stücke mit Werken von elegischer Zurückhaltung einen in sich geschlossenen Bogen bilden.

Wenigstens wenn man einen solchen von Beginn weg anstrebt, wie es Fray tat. Aber so sehr er bei seiner zwischen virtuoser Impulsivität und innerlicher Beschaulichkeit vermittelnden Deutung den Blick auf die Charakteristika dieser Opera lenkte, so gehörte seine besondere Intensität den beiden letzten: dem choralartig anhebenden Andantino teneramente und dem mit brillanter Attitüde vorgetragenen Allegro agitato. Wobei das Andantino in seiner Lesart beinahe wie eine Art Vorspiel zum finalen Capriccio wirkte.

Ein ähnliches Konzept verfolgte Fray bei den Bach-Präludien und -Fugen: Schon hier überzeugte er durch architektonische Übersicht und eine differenzierte, vornehmlich auf subtile Kantabilität ausgerichtete Anschlagspalette. Diese prägte auch seine zuweilen zu sehr in Details verhaftete Darstellung von Schumanns gleichfalls auf die Spannung des Unterschieds bauenden fis-Moll-Novellette Opus 21/8.

(Print-Ausgabe, 16.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.