Musikalische Schau: Lady und Lord im Liebesdreieck

Raphael von Bargen
Raphael von Bargen(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Raphael von Bargen interpretiert Shakespeare. Ein Gespräch über raffinierte Sonette, düstere Könige und die Sehnsucht nach dem perfekten Klang.

Die Presse: Sie sind Schauspieler, Musiker und Sänger. Das kann man am 12. August im Thalhof in Reichenau an der Rax erleben, wenn Sie Shakespeare-Lieder singen. Wie ist es zu dem multimedialen Projekt „Power to Hurt“ gekommen?

Raphael von Bargen: Auslöser war eine Inszenierung, für deren Vertonung ich mich vor einigen Jahren mit Christian Mair zusammentat. Wir begannen bald danach damit, Shakespeare-Sonette zu vertonen. Daraus wurde für Salon5 ein Abend mit Installationen, filmischen Elementen und mehreren Charakteren aus Shakespeares Kosmos. Auch die Könige Richard II., Richard III. und Macbeth kommen bei uns vor. Nun bieten wir im Thalhof eine neue Version davon. Anna Maria Krassnigg führt Regie.

Wie haben Sie das ursprüngliche Programm für 2016 weiterentwickelt?

Als wir es zuletzt vor drei Jahren spielten, mussten wir uns dem Problem stellen, dass die Sonette im Original für Zuhörer wohl schwer verständlich sind. Shakespeare hat gerade bei diesen Texten eine komplizierte, rhythmisch verdichtete Sprache. Um sie anschaulicher zu machen, gibt es nun zusätzlich zwei Figuren mehr aus dem Liebesdreieck der Sonette: Zum Autor kommen noch die Schwarze Dame und der junge Lord hinzu, mit Passagen auf Deutsch. Es hat sich also, neben vielem anderen, auch das Personal erweitert, obgleich wir nach wie vor zu zweit auf der Bühne stehen.

Wie kam es zur Auswahl der Sonette?

Es sind diejenigen, die uns in Bezug auf die dramatische und musikalische Verknüpfung am meisten inspiriert haben (allerdings noch nicht erschöpfend). Bei Shakespeare gibt es jedoch wohl kaum Sonette, die schlecht sind. Das macht die Auswahl dann wieder schwer. Man kann höchstens sagen, dass sich einige von ihnen gegen eine allzu rasche Interpretation sperren und auch gegen einen falschen Rhythmus, den man ihnen aufzwingen will.

Welche Nummer liegt Ihnen besonders?

Ich mag Sonett Nummer 136 sehr gern, es ist ideal für so einen Abend. Shakespeare baut sich selbst mit dreifachem Wortwitz ein, beginnt mit „If thy soul check thee that I come so near, / Swear to thy blind soul that I was thyWill,“ und endet mit „Make but my name thy love, and love that still, /And then thou lov'st me, for my name is Will“. Hier geht es bereits um die Dark Lady. Auch Nummer 138 mit dem Konnex zwischen Lüge und Liegen finde ich sensationell. Am Ende heißt es: „Therefore I lie with her and she with me, / And in our faults by lies we flattered be.“ Ich habe Gedichte sehr gern, aber in der Dichte dieser Sonette gibt es kaum Vergleichbares. Im Deutschen schätze ich die Lyrik von Rilke und Droste-Hülshoff.

Welche Rolle spielen die Dramenfiguren, die Sie unter diese Gedichte mischen?

Mir scheint der Kosmos der Sonette diesen Figuren Shakespeares verwandt. Es gibt in ihnen so viel düsteres Begehren, Verrat und Verfluchungen. Diese Texte sind nicht nur lieblich, und wir verweben sie thematisch mit dramatischen Monologen, etwa, wenn es um Eifersucht oder um Verlust geht.

Reizen Sie die großen tragischen Figuren? Und welche würden Sie gern spielen?

Ich durfte bisher leider nur wenige Stücke von Shakespeare machen. Wahnsinnig gern würde ich Macbeth spielen, eine äußerst faszinierende Rolle. Ehrlich gesagt habe ich dieses Stück bisher auf der Bühne noch nie ganz aufgehen sehen. Für Richard III. würde ich mich noch ein paar Jahre zu jung fühlen. Wobei: Wenn sich die Chance ergäbe . . .

Sie verbinden oft Gesang und Theater, haben auch zuerst Musik studiert. Wie sind Sie dann zum Schauspiel gekommen?

Ich habe tatsächlich damit begonnen, Saxofon zu studieren, war aber zuvor im Schultheater aktiv. Dann probierte ich ganz einfach die Aufnahmeprüfung beim Reinhardt-Seminar, wurde genommen und bekam sogleich ein Engagement am Burgtheater.

Ist das Saxofon seither Sentimentalität?

Ich komme leider kaum zum Spielen und kann es auch schwer in die Hand nehmen. Wenn man ein Instrument ernsthaft gespielt hat, gibt es gewisse Klangvorstellungen, denen man dann leider nur noch schwer entspricht. Ich würde sicherlich ein, zwei Jahre üben müssen, um wieder zu einem Klang zu kommen, mit dem ich leben kann.

PROGRAMM DES SALONS5

Im Thalhof in Reichenau an der Rax wird heuer vom 10. 8. bis 4. 9. u. a. geboten: 10. 8.: Vorpremiere von „Der Idiot“ (19 Uhr), 12. 8.: „Power to Hurt“ (Salongespräch 18 Uhr, Premiere: 19.30h), 15. 8.: „Herr Grillparzer fasst sich ein Herz . . .“ (16h), 18. 8.: „Die Braut oder Moderne Frauen“ (19.30h), 23. 8.: „Es gibt mich nur im Spiegelbild“ (19.30h).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.