Grafenegg: Routiniert und falsch programmiert

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In Grafenegg spielte die Tschechische Philharmonie unterkühlt, wenig inspiriert.

Die Gäste aus Tschechien hätten ihr Gastspiel mit einer der großen Dvořák-Konzertouvertüren eröffnen können. Etwa, passend zum Grafenegger Ambiente, mit „In der Natur“. Sie entschieden sich aber für Märchenhaftes als Entree: eine Suite aus Leoš Janáčeks Oper „Das schlaue Füchslein“, zusammengestellt von einem ihrer bedeutendsten Chefdirigenten, Václav Talich, in der revidierten Version seines weniger prominenten Dirigentenkollegen Václav Smetáček.

Vor allem die Musik des ersten Aktes dieser Oper hatte es Talich angetan. Aus ihr kompilierte er eine vor allem auf die Lyrismen dieser Musik konzentrierte zweisätzige Suite. Allerdings, so harmlos ist diese Musik nicht, wie sie die Tschechische Philharmonie unter ihren Chefdirigenten Jíri Bêlohlávek darstellte. Vieles wirkte bei ihnen zu wenig differenziert, um den Charme dieser Musik auszukosten. Zudem hatte so mancher Holzbläser nicht seinen besten Tag, wie sich auch beim Finalstück, Dvořáks „Sechster“, bestätigte. Zweifellos kennen das Orchester und sein Chefdirigent diese im Konzertsaal nicht oft zu hörende D-Dur-Symphonie. Sind sie, wie man es in ihrer gelungenen Gesamteinspielung der Dvořák-Symphonien nachhören kann, in Geberlaune, dann spürt man ihre spezifische Affinität zu ihr. Diesmal waren sie es offenbar nicht. Nach einem mustergültig disponierten ersten Satz flaute im zweiten die Spannung ab. Das konnte weder das mit vitalen Akzenten musizierte Scherzo noch das sich zu einem hymnischen Schluss erhebende, entsprechend effektvoll ausgekostete Finale ganz vergessen machen.

Distanziert: Hilary Hahn

Inspiration gibt es eben nicht auf Bestellung. Noch deutlicher als bei den beiden auf hohem Niveau, aber eben nicht mit der geforderten ansteckenden Musizierlaune präsentierten Eckstücken wurde dies im Mittelteil dieses sonntäglichen Konzerts: bei Mozarts A-Dur-Konzert KV 219. Das Orchester spielte, als hätte sich das Mozart-Bild seit Jahrzehnten nicht geändert. Und Hilary Hahn geigte den Solopart mit derartiger emotionaler Distanz, oft unrein, vor allem an den Tiefen dieser Musik uninteressiert, dass man sich bald fragte: Warum dieses Werk, wenn offensichtlich keiner der Interpreten dazu Zugang findet? Nur, weil es populär ist?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2016)

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