„Symphonie classique“ im Vergleich

Themenbild
Themenbild(c) APA/ANDREAS PESSENLEHNER
  • Drucken

Prokofjeffs erste Symphonie wurde am Sonntag gleich zweimal in Wien aufgeführt: eleganter vom Orchestre de l'Opéra national de Paris, kraftvoller vom Mariinsky Orchestra.

Welche der Interpretationen seiner „Symphonie classique“ Prokofjeff wohl besser gefallen hätte? Die elegantere, auf Durchsichtigkeit und differenzierte Klanglichkeit zielende Deutung des Pariser Opernorchesters unter Philippe Jordan? Oder die auf pauschalen Schwung und kraftvolle Akzente setzende Darstellung durch das Mariinsky Orchestra unter Valery Gergiev? Man kann nur darüber spekulieren. Aber selbst in der Musikmetropole Wien ist es höchst ungewöhnlich, dass zwei Orchester ihren Auftritt am selben Tag mit demselben Werk beginnen.

Ansonsten wollte das Orchestre de l'Opéra im Musikverein zweierlei zeigen: dass es zu den wichtigen europäischen Opernorchestern zählt und sich auch im Konzertsaal einen Namen gemacht hat. Entsprechend brachte es am ersten Abend Werke von Wagner mit Anja Kampe als prominenter Solistin. Für die Matinee tags darauf wählte es eine russisch-französische Zusammenstellung, um damit seine Vorzüge – namentlich die präzise und klangschön artikulierenden Streicher und eine meist ideale Streicher-Bläser-Balance – im besten Licht erscheinen zu lassen.

Dafür sind Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ in der raffinierten Instrumentierung von Ravel ein ideales Stück, in dem auch die Blechbläser ihre Klasse ausspielen können. Jordan huldigte auch hier nie einem oberflächlichen Effekt, sondern zeichnete die meisterhafte Partitur mit mustergültiger Klarheit und bis ins Detail durchdachter dynamischer Palette nach.

Der Mittelteil gehörte Frankreich allein, dem G-Dur-Klavierkonzert von Ravel mit Jean-Yves Thibaudet. Ob heutzutage jemand den artifiziellen Reiz dieses Werks besser auszukosten weiß? Und das auch noch mit stupender Virtuosität? Für den Beifall bedankte er sich mit einem originellen Encore: einem Ausschnitt aus Ravels vierhändigem „Me mère l'oye“ mit Philippe Jordan als kongenialem Partner am Steinway.

Manuelle Meisterschaft gepaart mit Sinn für Klangvaleurs konnte man auch im Konzerthaus in Prokofjeffs zweitem Klavierkonzert mit Denis Matsuev bestaunen. Er nahm die mannigfachen technischen Hürden souverän, verstand sich auch bestens auf die lyrischen Passagen. Wie sehr er mit Intimität prunken kann, zeigte Matsuev bei dem zugegebenen „The Music Box“ von Anatol Liadow. Lautstark und wirkungssicher klang der dem 125. Geburtstag Prokofjeffs gewidmete Abend mit fünf Ausschnitten aus dessen beiden „Romeo und Julia“-Suiten aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.