Josef Wagner: "Bei uns haben fast alle gesungen"

Josef Wagner
Josef Wagner(c) STEVE HAIDER
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Die Volksoper zeigt ab Samstag "Hoffmanns Erzählungen" - mit Josef Wagner als Mephisto. Der Bassbariton im Interview.

Zuletzt war er der geborene Verführer Don Juan, jetzt schlüpft er in die Rolle der Bösewichte in Jacques Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen". Und weil das Werk aus vielerlei Gründen von einer gewissen Dämonie umgeben ist, darf Josef Wagner in der neuen Produktion der Wiener Volksoper sogar eine Sonderrolle übernehmen und die Oper gleich mit einem Monolog einbegleiten. Da ist er der Teufel persönlich, denn es ist bei diesem "Hoffmann" nicht mit rechten Dinge zugegangen, der Komponist hat die Uraufführung seines Werks nicht erleben dürfen, ja er hat nicht einmal eine letztgültige Version der Partitur hinterlassen: Und gleich mehrere Theater erlebten bitteres Unglück, wenn sie das Stück aufs Programm setzten; am bittersten wohl das Wiener "Ringtheater", das während einer Aufführung des "Hoffmann" abbrannte . . .

Mittlerweile ist der Fluch offenbar gewichen. "Hoffmanns Erzählungen" zählt auch hierzulande zu den beliebtesten Opern überhaupt – und das Regieteam gibt seinem Mephisto auch die Gelegenheit, seine Partien ein wenig durch die humoristische Brille zu betrachten; sofern der Ernst der Lage das jeweils zulässt. Immerhin handelt es sich dabei ja um einen Vertreter der "Opéra comique", auch wenn die Fantasie des Dichters und Titelhelden immer wieder in sinistre Regionen abgleitet.

Eine Art Heimkehr

Für Josef Wagner ist die Premiere eine Art Heimkehr. An der Volksoper absolvierte er sein erstes festes Engagement, unmittelbar nach seiner Lehrzeit an der Wiener Musik-Universität. Vier Jahre lang sang er, wie er selbst erzählt, durchaus mit Gewinn "eine kleine und kleinste Partie nach der anderen". Die kürzeste Rolle war wohl "der Sergeant in der ,Bohème‘, der wirklich nur zwei oder drei Sätze singt. Das war in der Inszenierung von Harry Kupfer, in der ich's dann aber immerhin bis zum Colline gebracht habe!"

Dann zog es ihn in die Welt hinaus – und die Volksopern-Direktion nahm ihm das nicht übel: "Im Gegenteil, man hat mich wirklich geradezu väterlich bestärkt und es hat nicht einmal eine Saison gedauert, bis man mich wieder mit einem Gastvertrag zurückgeholt hat; und plötzlich war ich nicht mehr der Antonio, sondern der Figaro . . ." Später dann auch Don Giovanni in Achim Freyers mehrsprachiger Produktion, und nun der Bassbariton in allen finsteren Lebenslagen im "Hoffmann".

Dem jungen Mann aus Niederösterreich war die Sängerkarriere quasi in die Wiege gelegt worden. Jedenfalls die Beschäftigung mit Musik. "Das war", erzählt er, "bei uns ganz selbstverständlich. Mütterlicherseits haben fast alle musiziert oder gesungen", der Onkel war Chorleiter und sorgte dafür, dass das begeisterte Mitglied des Schul-Chors die Erlaubnis bekam, aus dem katholischen Internat zweimal die Woche nach Wiener Neustadt ans Konservatorium zu pilgern. Dort hat die Arbeit mit Gerd Fussi die Grundlage gelegt für das Gesangsstudium bei Kurt Equiluz und Robert Holl in Wien.
Uwe Theimer wiederum, damals Studienleiter der Volksoper, aber auch Dozent an der Musik-Uni, wurde auf Josef Wagners Stimme aufmerksam und vermittelte ein Vorsingen im Haus am Gürtel, wo sich dann mit Wicus Slabbert auch ein Mentor fand, mit dem der junge Künstler bis heute mir Freude an allen Details seiner Rollengestaltungen arbeitet.

Bemerkenswerte Debüts

Mittlerweile ist Wagner freischaffend, pendelt zwischen Kanada und Frankreich, Deutschland und Österreich, hat bemerkenswerte Debüts wie den Jochanaan an der Seite von Nina Stemme in einer "Salome" im Opernhaus von Stockholm hinter sich gebracht, freut sich auf aufregende Abenteuer wie die Wiederausgrabung von Erich Wolfgang Korngolds "Wunder der Heliane", die übernächste Saison an der Deutschen Oper Berlin herauskommen wird.
Die Oper von Helsinki holt ihn demnächst zum Rollendebüt als Tschaikowskys "Eugen Onegin", Flandern wird ihn wiederum als "Don Giovanni" erleben – Mozart zieht sich wie ein roter Faden durch Wagners Karriere. Seinen Abschluss an der Uni markierte eine Aufführung von "Così fan tutte", in der er pardoxerweise den altersweisen Don Alfonso mimte. "Mittlerweile singe ich in dieser Oper öfter den Guglielmo" und ist immer wieder – nicht zuletzt dank der sprachlichen Punktgenauigkeit – ein gesuchter Papageno.

Dass an der Volksoper natürlich auch der "Hoffmann" auf Deutsch gesungen wird, findet Wagner wunderbar. Dergleichen gehöre in einer Opernstadt wie Wien zu den Grundaufgaben. Und an Möglichkeiten, in französischer Sprache zu singen, wird es dem Künstler, der mit einer Sopranistin aus Quebec verheiratet ist, in näherer und fernerer Zukunft gewiss nicht mangeln . . .

"Hoffmanns Erzählungen": Premiere am 15. Oktober

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