Zwei Musiker auf dem Weg nach innen

German violinist Anne Sophie Mutter C smiles after receiving the Yehudi Menuhin Award from Spanish
German violinist Anne Sophie Mutter C smiles after receiving the Yehudi Menuhin Award from Spanishimago/Agencia EFE
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Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis bewegten im Musikverein.

Ganz die erwartete große, glamouröse Virtuosin war Anne-Sophie Mutter zuletzt, als sie Saint-Saëns' „Rondo capriccioso“ brillant, doch ganz ohne auftrumpfende Geste zum Ereignis werden ließ: Mit solcher Noblesse, so vollkommen uneitel bewältigt dieses Bravourstück vielleicht kein zweiter Geiger unserer Zeit.

In diesem Sinne stand das brillante Opus am Ende einer Kette von mehrheitlich introvertierten Sonaten, in denen die Künstlerin ihren Geigenton oft beinah bis zur Unhörbarkeit zurücknahm. So zwang sie die Hörer fast mit Flüstertönen zu höchster Konzentration und ihren fabelhaften Klavier-Partner Labert Orkis zu bewundernswerter Dezenz.

Tiefgang statt Kitsch

Dieser Pianist hat keine Mühe, seine schon am Beginn des zeitgenössischen „Clockwork“ (komponiert 1989 von Sebastian Currier) angeschlagene Pianissimo-Kultur in oft kontrapunktisch vielschichtige Strukturen der Violinsonaten von Ravel und Poulenc zu transferieren, wo er alle Hände voll zu tun hat, die Stimmen voneinander zu trennen; und scheinbar spielerisch drei bis vier Ebenen voneinander zu trennen.

Anne-Sophie Mutter kann sich dazu frei entfalten, liefert gegen Ende des ersten Ravel-Satzes eine scheinbar unendliche, atemberaubend verdichtete Melodielinie. Bei Poulenc blieb – auch in Passagen, die sonst gern „kitschen“ – der nötige Ernst gewahrt (immerhin entstand das Werk als Epitaph auf den ermordeten Federico García Lorca). Zum hochexpressiven Seelenprotokoll wurde der Mittelsatz von Mozarts A-Dur-Sonate KV 526. Klassik, das war nach dem oberflächlichen „Clockwork“-Filmmusikgeklingel besonders deutlich, bleibt doch die allzeit moderne Herausforderung . . . (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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