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Popkritiker Roščić: "Heucheleien der musikalisch-moralischen Welt"

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Bogdan Roščić, designierter Direktor der Wiener Staatsoper, war Popkritiker der "Presse". Erinnerung an eine böse Zunge.

"Nirvana könnten die Welt wohnlicher machen: Wenn ihr Beispiel Schule macht, müßten ein paar alte Ochsen wie Bon Jovi oder U2 ins Ausgedinge", schrieb Bogdan Roščić im November 1991 in einem seiner letzten Artikel für die "Presse". Heute ist Roščić General Manager bei Universal, Bon Jovi und U2 sind aktiv, "Nirvana"-Sänger Kurt Cobain ist seit 22 Jahren tot. Insgesamt ein Verlust. Die Kritiken, die Roščić unter dem Kürzel robo für die "Presse" verfasste, haben über die Jahre immerhin kaum an Geist und Schärfe verloren.

Sting zu verreißen, ist nicht schwer, aber ihn damit zu charakterisieren, daß er "sich, irgendwie, für jedes kurzsichtige Kamel auf dieser Welt zuständig" fühlte, das hatte schon etwas, genauso wie der Sting in den Mund gelegte Satz "Ich fordere die Abschaffung aller Personalpronomina außer dem der ersten Person Einzahl." Das Resümee: "Jim Morrison lebt - in Sting." Entsprechend deutlich äußerte sich robo über Morrisons Band: "Ich hasse die Doors. Wenn das unsägliche Orgel-Gedudel von ,Light My Fire' erklingt, überkommt mich die selbstzerstörerische Lust, meinen Hamster zu foltern, mein Auto zu waschen und mein in Gold gerahmtes Madonna-Autogramm zu verschenken." Madonna selbst fand Gnade bei Roščić: Sie sei zu einer Frau gereift, "die auf sämtliche vorgeschriebenen Heucheleien der musikalisch-moralischen Welt verzichtet und stattdessen schlicht und ergreifend ausspricht, worum es den meisten ihrer Bewohner geht, wovon sie meistens aber zu wenig bekommen: Sex und Geld".

"Du parfümierte Träne"

Keine "moralischen" Einwände gegen Vermarktung also, aber viel gegen Dummheit: "Guns N' Roses" nannte Roščić "Die Rolling Stones von heute, nur noch dümmer" und "das ekelhafteste, weil in offensichtlich enthusiastischer Eigenregie entstandene Produkt, über das die Musikindustrie zur Zeit verfügt". Doch auch bei gröberen Abfuhren zeigte er Stil. Etwa im Falle des Chris Rea, der sich, wie robo zu Ohren kam, wünschte, für Ferrari zu fahren: "Das ist ja wohl der Gipfel! Äußerstenfalls die Socken hättest du für Mr. Zwölfzylinder waschen dürfen, du parfümierte Träne."

(tk)

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