Musikverein: Was für ein gewaltiger Chor!

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Tosender Applaus für Händels „Messias“ mit Erwin Ortner, dem Schönberg-Chor und der Lautten Compagney Berlin.

„And he shall reign for ever and ever“, heißt es im berühmtesten Chorsatz von Händels „Messias“. Ewig, so wünschte man sich beim Zuhören, möge auch Erwin Ortner mit dem Arnold-Schönberg-Chor die Menschen auf Erden (vor allem in Wien) erfreuen. Besonders stimmungsvoll tat er dies am Mittwochabend im Musikverein bei der nun schon traditionellen vorweihnachtlichen Aufführung des Oratoriums. Neben dem Winning Team aus Chor und seinem Gründer stand die Lautten Compagney Berlin auf dem Podium. Wie der Name bereits vermuten lässt, war das Orchester um zwei Lauten, Orgel und Cembalo erweitert. Auf subtile Weise fügten sich diese Continuoinstrumente in die Musik ein, ohne zu stark hervorzutreten.

Solistisch trugen Cornelia Horak (Sopran), Catherine Wyn-Rogers (Alt), Benjamin Hulett (Tenor) und Gerald Finley (Bass) zum Gelingen des musikalischen Adventfestes bei. Vor allem Horak stach aus dem Collegium mit ihrer ungewöhnlichen, vermutlich historisch orientierten Aussprache hervor. Dadurch ergab sich ein interessanter Kontrast zwischen fast schon dumpfen, weicheren und überaus harten Konsonanten, ein zunächst vielleicht befremdlich wirkender, doch lohnender Versuch, auch weil die Musik sich in diesem Wechselspiel der Gegensätze wiederfinden ließ.

Besonders überraschte Benjamin Hulett. Seine Stimme verlor selbst im zurückgehaltenen Piano weder an Spannung noch an Intensität. Zu den zarteren Arien mischte sich wie selbstverständlich der weiche, mollige Klang des Orchesters. Doch ließen sich die Musiker auch von der umwerfenden Gewalt des Chores nicht unterdrücken. Diesen begleiteten sie ebenso präzise, aber auch rhythmisch und dynamisch akzentuiert dank Ortners zwischen neckischem Tänzeln und energischer Exaktheit balancierendem Dirigat, das, kaum verwunderlich, auch das Solo der Trompete im dritten Teil des Oratoriums prägte: Das Zwiegespräch mit Finleys sonorer Stimme in der Bass-Arie war nicht nur fanfarenhafte Exklamation, sondern wurde zur melodischen Erzählung.

Das Publikum, spürbar begeistert vom „Hallelujah“, dankte mit tosendem Applaus. Dank wohldosiert eingesetzter Sforzati und dem sanften Einstieg der Streicher schien diese Reaktion durchaus gerechtfertigt. Allerdings hinterließ auch „For unto us a Child is born“ bleibenden Eindruck. Hier konnte der Chor seine große Stärke – über 50 Stimmen in größter Harmonie – vollends entfalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2016)

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