Venezianischer Vivaldi im Goldenen Saal

Geigerin Viktoria Mullova (Archivbild).
Geigerin Viktoria Mullova (Archivbild).(c) imago/Xinhua
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Erfreulich: das Venice Baroque Orchestra und Viktoria Mullova.

Wie passend: Just mit dem Werk eines venezianischen Komponisten konnte Geigerin Viktoria Mullova, begleitet vom Venice Baroque Orchestra, am Sonntag besonders begeistern: Mit schweren Akzenten verlieh sie in Vivaldis „Concerto grosso Mogul“ in D-Dur selbst den hohen Tönen Nachdruck – und lenkte die Aufmerksamkeit von dem heillosen Zettelchaos auf ihrem Notenpult ab. Das Rezitativ würzte sie mit einigen stark retardierenden Momenten, um dann im Final-Allegro nach wuchtigem Klangaufbau in Sekundenschnelle zu melodischer Entfaltung zu finden. Energetisch schwang ihr Haar mit den Strichen, mindestens so kraftvoll führte der Arm die Striche aus. Der übervolle Goldene Saal war sofort gewonnen.

Das Venice Baroque Orchestra hatte den Abend mit einem harmonisch perfekt ausbalancierten Concerto grosso „La follia“ von Francesco Geminiani eröffnet, einer von vielen Bearbeitungen von Arcangelo Corellis gleichnamigen Variationen über ein beliebtes spanisches Tanzthema. Weder an Tempo noch an Präzision fehlte es dem 14-köpfigen Ensemble, sein Gründer Andrea Marcon leitete es vom etwas erhöht postierten Cembalo aus mit wiegenden Kopfbewegungen und gewährte Konzertmeister Gianpiero Zanocco in weiten Teilen gestalterische Freiheit. Dieser bewies neben der Begabung, auch im rasantesten Tempo seine Führungsfunktion ausüben zu können, feines Gespür für Phrasierungen. Seine Violine verwandelte er in eine Art Rhythmusinstrument, sobald er das Solo des Cellistenkollegen mit scharf angespielten Saiten begleitete. Mit einfachen Gesten sorgte er im Übrigen für synchron ablaufende Bewegungen sämtlicher Streicher.

Den satten, runden Gesamtklang nutze Mullova auch als Basis für Mozarts Divertimento in F-Dur. Sie spannte einen langen Bogen über den gesamten ersten Satz, ohne im Detail an Biss zu verlieren. Amüsant modellierten die Celli im Finale ihre Pizzicati. Nicht nur der tänzelnde Rhythmus, auch das Mienenspiel der Musiker zeigte den spielerischen Charakter des Stücks, das unerwartete Piano der Schlusstakte unterstrich nochmals den geistreichen Witz dieser Interpretation.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2017)

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